Beschreibung
WARUM MODERNE GESELLSCHAFTEN MIT DER KRISENBEWÄLTIGUNG ÜBERFORDERT SIND Der Ruf nach mehr Gemeinschaft, Solidarität und Zusammenhalt entspringt unserem sehnlichsten Wunsch, aus einem Guss und womöglich kollektiv handeln zu können. Aber die moderne Gesellschaf t kennt keinen Ort, an dem ihre unterschiedlichen Funktionslogiken nachhaltig aufeinander abgestimmt werden können. In Krisen wird diese systematische Überforderung der Gesellschaft mit sich selbst besonders deutlich. Armin Nassehi zeigt, warum der Versuch einer politischen Bündelung aller Kräfte auf ein gemeinsames Ziel in komplexen Gegenwartsgsellschaften zwangsläufig scheitern muss. Aus dieser notorischen Enttäuschung resultiert ein Unbehagen, das den Blick auf die Gesellschaft von ihrer grundlegenden Selbstüberforderung ablenkt. Moderne Gesellschaften folgen einerseits stabilen Mustern, sind träge und kaum aus der Ruhe zu bringen. Andererseits erweisen sich ihre Institutionen und Prak- tiken immer wieder als erstaunlich fragil und vulnerabel. In Situationen, die wir Krisen nennen, prallen diese beiden widersprüchlichen Seiten der gesellschaftlichen Moderne besonders heftig aufeinander. Schon die Semantik der Krise suggeriert aber, dass es so etwas wie einen wohlgeordneten Status geben könnte, der sowohl modern als auch nicht-krisenhaft wäre. Doch dieser Vorstellung läuft bereits die innere Differenziertheit der Gesellschaft in ökonomische, politische, wissenschaftliche, rechtliche und familiale Logiken zuwider. Armin Nassehi vertritt in seinem Buch dagegen die These, dass komplexe Gesellschaften sich fortlaufend selbst als krisenhaft erleben, ohne je in eine Form prästabilierter Harmonie zurückzukehren. Er zeigt, wie sowohl die sozialwissenschaftliche Literatur als auch die öffentlichen Debatten der Gegenwart den Blick auf diesen Zusammenhang verstellen, indem sie Gesellschaft ausschließlich in der Sozialdimension, d. h. in illusionären Kollektivbegriffen beschreiben. Demgegenüber stellt Nassehi die Sachdimension gesellschaftlicher Strukturen ins Zentrum seiner theoriegeleiteten Gesellschaftsanalyse. Dadurch gelingt ihm ein kontruktiver Blick auf eine überforderte Gesellschaft, die in ihrem Unbehagen ihre eigene Problemlösungskompetenz zu vergessen droht. Er deutet zugleich an, was man aus unserem Umgang mit der Pandemie und der Klimakrise lernen kann, um uns für künftige Krisensituationen besser zu rüsten - ohne übersteigerte Erwartungen zu wecken. Armin Nassehi über die überforderte GesellschaftWarum unsere Gesellschaft nicht aus einem Guss regiert werden kannDas Unbehagen an der Gesellschaft - Armin Nassehis neue Theorie
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Autorenportrait
Armin Nassehi ist Inhaber des Lehrstuhls für Allgemeine Soziologie und Gesellschaftstheorie an der Ludwig-Maximilian-Universität München und seit 2012 Herausgeber der Kulturzeitschrift "Kursbuch".
Rezension
„Das Buch zur Stunde"
„Das ungemein spannende, sehr informative und mit vielen anschaulichen Beispielen aus unterschiedlichen Forschungsfeldern argumentierende Werk, ist – trotz hoher Komplexität – ein großer Lesegenuss.“
„Ein erfrischend realistisches Bild unserer deliberativen Möglichkeiten und Grenzen“
„Es geht ihm in seinem Buch zur ‚Theorie der überforderten Gesellschaft‘ nicht um eine Bewertung der Krisenbewältigung, vielmehr dient sie als Beispiel, das gesellschaftliche Unbehagen als ambivalentes Grundmotiv moderner Lebensführung auszumachen.“
„Mit seinem Plädoyer für eine Konzentration auf konkrete Sachfragen markiert Nassehi ein Gebot der Stunde.“
„Eine soziologische Analyse, die der Frage nachgeht, an welchen sozialen Strukturen die Lösung gesamtgesellschaftlicher Krisen scheitert."
„Überfordert fühlt sich die Gesellschaft tagtäglich, viele sehnen sich nach der großen Lösung aller Probleme. Der Soziologe zeigt, warum das aussichtslos ist und wir uns erwachsen weiter durchschlagen sollten. Wir haben keine Wahl, und das ist auch gut so."
„Perspektivendifferenz statt normativer Sicherheit – das ist das Kunsthandwerk, das über den Erfolg künftiger Koalitionen und die Zukunft unserer Gesellschaft im 21. Jahrhundert entscheiden wird – und das kann man bei Armin Nassehi lernen.“
„Der Sozialwissenschaftler Armin Nassehi zeigt in seinem neuen Buch, warum der Versuch einer politischen Bündelung aller Kräfte auf ein gemeinsames Ziel in komplexen Gegenwartsgesellschaften zwangsläufig scheitern muss.“
„Ein kluges Buch, dessen Erkenntnisse gerade angesichts einer möglichen neuen Corona-Welle im Winter und der drängenden Klimapolitik sehr wertvoll sind."
„Nassehis Analyse kann als fruchtbar für die Weiterentwicklung der modernen Demokratie angesehen werden.“
„Anregende, gut lesbare … ‚Theorie der überforderten Gesellschaft.‘"
„Das ist die große Stärke dieses Autors: Er macht plausibel, wie die Gesellschaft neu verzahnt und „Überforderung“ reduziert werden kann. Angesichts erhitzter Debatten über die großen Zukunftsfragen kühlt Armin Nassehi die Emotionen runter, ohne die Herausforderungen zu negieren."
„Warum stößt unserer Krisenmanagement zwangsläufig an Grenzen? Warum laufen moderne Gesellschaften Gefahr, zu scheitern, wenn sie versuchen, sich kollektiv zu verändern? Der Soziologe Armin Nassehi hat dafür eine spannende Erklärung, die trotzdem Mut macht."
„Armin Nassehi ist einer der produktivsten und einflussreichsten Soziologen des Landes … und mischt sich mit originellen, die Diskussion befeuernden Thesen immer wieder in aktuelle Debatten ein."
„Der prominente Soziologe geht … von der Frage aus: Warum sind wir trotz Wissen und Einsicht unfähig, mit akuten Krisen wie Corona oder der Klimaproblematik umzugehen?“
„Nicht nur am Beispiel der Corona-Krise beschreibt der bekannte Soziologe Armin Nassehi, dass moderne Gesellschaften so komplex und fragil sind, dass der Wunsch nach einer politischen Bündelung aller Kräfte auf ein gemeinsames Ziel hin meist scheitern muss.“
„In seiner theoriegeleiteten Gesellschaftsanalyse untersucht der Autor die Gründe dieses Verharrens und Überfordertseins und legt dar, was wir aus unserem Umgang mit der Pandemie und der Klimakrise lernen können, um für künftige Krisensituationen besser gerüstet zu sein.“
„Deutschlands wichtigster Gegenwartsanalytiker."
„Gewitzt und wortgewandt wie kein Zweiter."
„Eine Theorie der überforderten Gesellschaft, die nun als Blaupause für den Umgang mit Krieg und der Angst vor dem Krieg gelesen werden kann.“
Inhalt
Vorwort
Das Unbehagen in der Kultur ff.
Die Frage
Risiko Theorie
Theodizee
Handeln / Handlungsfähigkeit
Von der Theodizee zur Soziodizee
Drei Soziodizeen
Änderungsimperative
Evolution
Der Fehlschluss von der Notwendigkeitauf die Möglichkeit
Gesellschaft der Gegenwarten
Fixierung auf Gegenwarten
Überall Akteure
Versammlungen oder Differenzierungen?
Was für Systeme?
(Un-)Erreichbarkeit
Ambivalenz des Selbstverhältnisses
Sach- und Sozialdimension
Querlagen
Institutionenabhängige Lebenslagen
Institutionen
Filigrane Ordnung
Die verborgene Krise
Gesellschaft als Familienangelegenheit
Moralüberschuss
Ex oriente lux?
Tianxia
Die Welt in Ordnung bringen
Die Organisation der Gesellschaft
Gesellschaft als Organisation?
«Trade-tested Betterment»
Noch einmal: Krise
Schutzlosigkeit
Physiodizee
Die Ungerechtigkeit des Sprechens
Latenzverlust in der Sachdimension
Was macht einen Unterschied?
Unterhaltung
Sichtbarkeit / Unsichtbarkeit
Risiko-Lernprozesse
Genügt Evolution?
Ein Beispiel: Sterben als Risiko
Am Ende noch einmal: Latenz
Anmerkungen
Sachregister