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Die Erlebnisgesellschaft

Kultursoziologie der Gegenwart, Campus Bibliothek

Erschienen am 15.09.2005
34,00 €
(inkl. MwSt.)

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Bibliografische Daten
ISBN/EAN: 9783593378886
Sprache: Deutsch
Umfang: 612 S.
Format (T/L/B): 3.7 x 21.4 x 14 cm
Einband: Paperback

Beschreibung

1992 erschien Die Erlebnisgesellschaft zum ersten Mal - und machte rasch Furore. Heute kann der Text mit Fug und Recht als moderner Klassiker der Soziologie gelten. Gerhard Schulze konstatierte einen umfassenden Wandel in unserer Gesellschaft, durch den das Leben zum Erlebnisprojekt geworden ist. Die Erlebnisorientierung ist die unmittelbarste Form der Suche nach Glück. Eine Suche, die noch längst nicht abgeschlossen ist - diese neue Art zu leben müssen wir erst lernen und die Folgen noch bewältigen. Dies gilt auch heute noch: Die Sucht nach dem Kick und nach Performance ist eher gewachsen, und damit ist Gerhard Schulzes Analyse aktueller denn je.

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DE 69469 Weinheim

Autorenportrait

Gerhard Schulze ist Professor für Methoden der empirischen Sozialforschung an der Universität Bamberg.

Rezension

Campus Bibliothek – Klassiker der Geschichte, Sozial- und Kulturwissenschaften

Leseprobe

Übergang wohin? Kommentar im Jahr 2005 Nach dem goldenen Zeitalter? Anfang der neunziger Jahre faßte ich meine damalige Zeitdiagnose im Begriff der Erlebnisgesellschaft zusammen. Mehr als eine Momentaufnahme sollte dies nicht sein. Im folgenden Kommentar aus der Sicht des Jahres 2005 füge ich eine weitere Momentaufnahme hinzu, in die einfließen soll, was hier und heute aktuell ist. Das Aktuelle mag wieder versinken, worauf es aber ankommt, ist der langfristige Prozeß, der allmählich sichtbar wird, wenn man eine Momentaufnahme an die andere reiht. Beschreibungen der Gesellschaft fixieren immer nur Übergangszustände. Eine Serie von Beschreibungen erlaubt jedoch die Frage: Übergang wohin? Vielen scheint heute die Antwort restlos klar: Die Party ist vorbei. Die ersten Jahre des 21. Jahrhunderts zeigen Deutschland im pessimistischen Konsens. Bestseller tragen Titel wie Die deformierte Gesellschaft, Ist Deutschland noch zu retten? oder Deutschland - Abstieg eines Superstars. In Leitartikeln, Feuilletons, Polit-Talks und populärwissenschaftlichen Publikationen herrscht das große Unisono eines Krisenbefunds, der im Resonanzraum der Alltagskommunikation vielfach nachhallt. Längst hat die neue Angst vor dem Weniger die alte Angst vor dem Zuviel in den Hintergrund gedrängt. Im späten 20. Jahrhundert erhob das grüne Lager Meadows´ Formel von den Grenzen des Wachstums zum politischen Programm. Die Lautstärke, mit der sich heute alle, die eine öffentliche Rolle spielen wollen, dem genauen Gegenteil verschreiben, der Wachstumspolitik, wäre Jahrzehnte vorher in der Öffentlichkeit schlecht angekommen. Was in den siebziger und achtziger Jahren ökologisch wünschenswert und ökonomisch tolerabel schien, der Übergang von einer Phase der Steigerung zu einer Phase der Bestandssicherung, wird im politischen Diskurs des beginnenden 21. Jahrhunderts als Niedergang gedeutet. Mit jeder Absenkung der sogenannten Konjunkturprognosen erhält die German Angst neue Nahrung, und der Blick auf die Nachbarn tut ein Übriges. Ständig ist nun vom weiteren Vordringen der Armut die Rede, von zunehmender sozialer Spaltung, von neuer Ungleichheit. Quintessenz der sozioökonomischen Selbstbeobachtung ist die Schubumkehr der Möglichkeitsdynamik - von Expansion auf Reduktion. Solange das Steigerungsspiel brummte, gab sich wachstumsskeptisch, wer auf seinen guten Ruf bedacht war; seit es ins Stocken geriet, hat sich die Richtung der Kritik um hundertachtzig Grad gedreht. Beklagt werden nun die sozialen Folgen des nachlassenden Wachstums. Jede Perspektive hat ihr Potential und ihre Grenzen. Der gegenwärtig normale, ständig wiederholte Blick auf die Bundesrepublik zeigt Langzeitarbeitslose, dickleibige Dauerfernsehzuschauer und jugendliche Schulabgänger ohne Abschluß, die keinen deutschen Satz herausbringen; er zeigt Menschen, die sich keinen Zahnersatz leisten können, die Praxisgebühr nicht aufzubringen vermögen und ihre Wohnung gegen eine billigere und schlechtere tauschen müssen; er zeigt Lohndumping, Arbeitszeitverlängerung ohne Lohnausgleich, Betriebsschließungen, Verlagerung der Arbeit in Niedriglohnländer und eine Invasion von Billigarbeitern; er zeigt leere öffentliche Kassen, verödete Einkaufszentren und Wartende in den Fluren der Sozialämter. Ein gemischtes Bild Es gehört freilich zu den Eigenschaften jeder beliebigen Perspektive, so auch dieser, daß man ihren unvermeidlichen blinden Fleck nur von einer anderen Perspektive aus sehen kann. Nun wissen wir zwar seit Kant, daß ohne partielle Blindheit kein Sehen möglich ist, aber sehr weit hat sich das noch immer nicht herumgesprochen. Der häufigste Irrtum bei der Interpretation der Welt besteht in der Verwechslung einer Teilansicht mit dem Ganzen, und der zweithäufigste darin, die Verschiedenartigkeit von Teilansichten mit einem logischen Widerspruch gleichzusetzen. Prekäre Lebensverhältnisse, um einen Schlüsselbegriff gegenwärtiger kollektiver Selbstbeschreibung aufzugreifen, sind eine Sache, und gute Existenzbedingungen einschließlich der damit verbundenen persönlichen Lebensphilosophie eine andere. Beides existiert nebeneinander. Deshalb läßt sich die Frage danach, was inzwischen aus der Erlebnisgesellschaft des späten 20. Jahrhunderts geworden ist, nicht einfach mit der Aufforderung abtun, sich doch bloß einmal einige Stunden in den Flur der örtlichen Arbeitsagentur zu setzen. Um sich ein Bild zu machen, genügt es nicht, in die Behörden der Mangelverwaltung hineinzugehen, man muß auch wieder hinaustreten und sich in der übrigen Wirklichkeit umschauen. Richtig: Da war doch noch etwas. Was sich insgesamt zeigt, ist ein gemischtes Bild. Die Erlebnisgesellschaft ist immer noch unterwegs, auch in Zeiten von Hartz IV, globaler Standortkonkurrenz und hoher Arbeitslosigkeit. Verstößt es gegen die guten Sitten, sich mit dem gemischten Bild auch nur zu beschäftigen, während Feuer am Dach ist? Der führende Sozial-Alarmologe der Republik, Wilhelm Heitmeyer, sieht eine dreifache Spaltung nahen: zwischen Arm und Reich, zwischen Ost und West, zwischen deutscher Mehrheitsgesellschaft und islamischer Minderheit. So düster sieht es also aus. Freilich: Wer sich nicht für das gemischte Bild interessiert, wer die Gesellschaft nicht differenzierter beschreibt, für den gibt es nur die Obdachlosen unter der Brücke. Was sonst noch los ist, scheint den politisch korrekten Soziologen nichts anzugehen. Wer sich auch für die Vorgänge oben auf der Brücke interessiert, muß sich den Vorwurf gefallen lassen, die unter der Brücke als menschlichen Sperrmüll abzutun. In den USA wächst derzeit der Reichtum, während sich gleichzeitig der Hunger ausbreitet, abzulesen an der wachsenden Inanspruchnahme von Armenspeisungen. Daß Deutschland auch im Jahr 2005 weit von solchen Verhältnissen entfernt ist, kommt nicht von ungefähr: Der Wohlfahrtsstaat ist immer noch fest in der politischen Kultur der Nation verankert. Bei einer Staatsquote von 48 Prozent und einer Sozialquote von 33 Prozent von sozialem Kahlschlag zu reden, mag realitätsfremder Katastrophismus sein, wie Robert Leicht in der ZEIT bemerkt hat. Reuben Abati, ein Kommentator des Guardian, der führenden Zeitung Nigerias, betrachtet freilich den Umstand, daß seine Landsleute in internationalen Umfragen als die glücklichsten Menschen der Welt figurieren, nicht als die gute Nachricht, sondern als das eigentliche Problem. Ein gewisses Maß an Katastrophismus läßt sich als kulturelle Errungenschaft begreifen. Übersensibilität für Not sorgt dafür, daß tatsächliche Not nicht übersehen wird. Es gibt soziale Not, auch im immer noch reichen Deutschland. Die Gesundheitsreform des Jahres 2004 hat beispielsweise dazu geführt, daß Arbeitslose, Sozialhilfeempfänger, Obdachlose und andere Gruppen mit niedrigem Einkommen ein Prozent ihres Einkommens für Gesundheit aufwenden müssen - genug, um vielen den Arztbesuch fast unmöglich zu machen. Auf dem Deutschen Ärztetag 2005 in Berlin war "Krankheit und Armut" ein Hauptthema. Es wurde darüber gesprochen, daß auch in Deutschland die Lebenserwartung mit dem Einkommen sinkt, daß die Tuberkulose - die Krankheit der Armen - wieder auf dem Vormarsch ist, daß immer mehr Menschen (gegenwärtig etwa 300 000) keinen Versicherungsschutz mehr haben. Im Unterschied zu der Zeit, als ich die Erlebnisgesellschaft schrieb, fürchten heute auch Menschen mit guter Ausbildung und gutem Lebensstandard den sozialen Abstieg. Sie spüren deutlich: Wenn sich nicht bald etwas ändert, könnte es sie selbst treffen. Das Wissen, daß sie eigentlich noch ganz gut dastehen, hilft wenig gegen die nagende Angst. Eine gewisse Wahrscheinlichkeit spricht plötzlich dafür, daß ihnen der Wohlstand, den sie sich unter Umständen hart erarbeitet haben, wieder genommen wird, bevor der Staat für sie einspringt. Hier geht es ans Eingemachte. Die Abhängigkeit von Transferleistungen ist jetzt nicht mehr allein das Schicksal einer chronisch alimentierten Randgruppe, die man früher ganz selbstverständlich mit durch...

Inhalt

Editorische Notiz zur Neuausgabe Übergang wohin? Kommentar im Jahr 2005 Einleitung 1. Kapitel:Ästhetisierung des Alltagslebens Einleitung 1.1Erlebnisgesellschaft 1.2Die Vermehrung der Möglichkeiten 1.3Erlebe dein Leben 1.4Unsicherheit 1.5Enttäuschung 1.6Wandel der normalen existentiellen Problemdefinition und Gesellschaftsbildung 1.7Zusammenhänge. Grundlinien der weiteren Analyse 1.8Gemeinsamkeit trotz Individualisierung 1.9Theoretische Affinitäten: Tour d'horizon 1.10Der empirische Teil der Untersuchung 2. Kapitel: Hermeneutik der Stile Einleitung 2.1Das semantische Paradigma 2.2Alltagsästhetische Episoden 2.3Stil 2.4Genuß 2.5Distinktion 2.6Lebensphilosophie 2.7Mehrschichtigkeit 2.8Zeichenfluktuation und Bedeutungskonstanz 2.9Singularität und Gemeinsamkeit 2.10Vereinfachung intersubjektiver Bedeutungskosmen: Stiltypen 3. Kapitel:Alltagsästhetische Schemata in Deutschland Einleitung 3.1Bedeutungsäquivalente Zeichengruppen Der Begriff alltagsästhetischer Schemata 3.2Erlebnisreiz, Tradition, Definition Zur Entstehung von Bedeutungsäquivalenzen 3.3Gesellschaftstypus und Schematisierungstendenz 3.4Hermeneutik von Massendaten 3.5Hochkulturschema 3.6Trivialschema 3.7Spannungsschema 3.8Der dimensionale Raum der Stile 3.9Zur Evolution des dimensionalen Raumes 3.10Der Bedeutungswandel des Schönen 4. Kapitel:Theorie sozialer Segmentierung Einleitung 4.1Existenzformen 4.2Soziale Milieus 4.3Beziehungsvorgabe 4.4Beziehungswahl 4.5Zeichen und Gestalt 4.6Der neue Blick für den anderen 4.7Evidenz und Signifikanz 4.8Manifester Stiltypus als Milieuzeichen 4.9Alter als Milieuzeichen 4.10Bildung als Milieuzeichen 4.11Hervortreten und Verblassen von Zeichen 4.12Wandel des Aufbaus von Existenzformen 4.13Die Segmentierungshierarchie 4.14Das Unschärfeproblem 5. Kapitel: Die wissenssoziologische Interpretation sozialer Milieus Einleitung 5.1Zwischenbilianz und Vorausschau 5.2Kollektives existentielles Wissen 5.3Die vorgestellte Welt: Wirklichkeitsmodelle 5.4Existentielle Anschauungsweisen 5.5Subjekt und Wirklichkeit Zwei Verweisungszusammenhänge 5.6Kognitive Selbstorganisation der Gesellschaft Homologie und fundamentale Semantik 5.7Von außenorientierter zu innenorientierter Semantik 5.8Empirische Illustration 5.9Denkmuster. Über den probabilistischen Charakter kollektiven Wissens 5.10Die Trägheit subjektiver Welten 5.11Die soziale Erarbeitung kognitiver Ähnlichkeit 5.12Soziale Milieus als Wissensgemeinschaften 5.13Zunahme mittlerer Gemeinsamkeit 5.14Gegensatz und Ordnung 5.15Interpretationspfade: Empirische Einstiegsmöglichkeiten 6. Kapitel:Fünf Milieubeschreibungen Einleitung 6.1Voreinstellung und Hintergrund. Zur Orientierung 6.2Niveaumilieu 6.3Harmoniemilieu 6.4Integrationsmilieu 6.5Selbstverwirklichungsmilieu 6.6Unterhaltungsmilieu 6.7Zwischenbilanz. Zwei milieuvergleichende Tableaus 7. Kapitel: Das Ganze Zur Milieukonstellation der Gegenwart Einleitung 7.1Vom Einzelnen zum Ganzen 7.2Komplexität und Einfachheit, Ordnung und Spontaneität 7.3Homologien im Zeichen der fundamentalen Semantik 7.4Die Struktur gegenseitigen Nichtverstehens 7.5Die Altersgrenze Zur Soziologie der Lebensmitte 7.6Die Verschiebung der Bildungsgrenzen in der Generationenfolge 7.7Binnenkommunikation4 7.8Zwischen Vereinfachung und Differenzierung 7.9Grenzfälle und Inkonsistenzen Eine Unschärfeanalyse 7.10Kritische Bilanz und Forschungsvergleich 8. Kapitel:Vorstellungen vom Ganzen Einleitung 8.1Wonach fragen? Relevanztraditionen der Großgruppensoziologie 8.2Gespaltene Vertikalität sozialer Lagen 8.3Sozialprestige Die Segmentierung des Jahrmarkts der Eitelkeiten 8.4Vom sozialen Konflikt zur gegenseitigen D ...

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