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Nach Obama

Amerika auf der Suche nach den Vereinigten Staaten

Erschienen am 06.04.2017, 1. Auflage 2017
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Bibliografische Daten
ISBN/EAN: 9783593507378
Sprache: Deutsch
Umfang: 224 S.
Format (T/L/B): 1.4 x 20.6 x 13.4 cm
Einband: Paperback

Beschreibung

Wo standen die USA nach Obama? Warum ist die Gesellschaft in den Vereinigten Staaten so gespalten? Und was bedeutet Donald Trump, der das Land von 2017 bis 2021 als 45. Präsident regierte und 2024 - am Ende der Präsidentschaft von Joe Biden - wiedergewählt wurde, für die USA? Trumps Präsidentschaft ist - so Christoph Bieber und Klaus Kamps - nur ein Symptom für eine schon lange schwelende Krise der Demokratie. Millionen Amerikaner haben kein Vertrauen mehr in das politische 'Establishment' und die Medien. Nur allzu verlockend klang Trumps Versprechen, er werde das Land aufrichten ('make America great again') und die Macht wieder in die Hand des Volkes legen. Dabei war der nächste Skandal immer nur einen Tweet entfernt.

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Autorenportrait

Christoph Bieber ist Forschungsprofessor am Center for Advanced Internet Studies (CAIS) in Bochum und forscht insbesondere zu digitalen demokratischen Innovationen. Klaus Kamps ist Professor für Kommunikationswissenschaft an der Hochschule der Medien in Stuttgart. Seine Arbeitsschwerpunkte sind u.a. Medien und öffentliche Kommunikation in den USA.

Rezension

»[Die] über Jahre gesammelten Beobachtungen aus diesem von Heilsversprechen getragenen Land USA bilden […] eine gute Basis, von der aus das gegenwärtige Geschehen beobachtet werden kann. Dabei spielt das Bewusstsein der ›auserwählten Nation‹ eine besondere, in Europa so schwer zu verstehende Rolle. Erst auf diesem Hintergrund wird deutlich, dass Trumps Politik des ›America First‹ auf ihre ganz eigene Weise ins Herz der Nation zielt.« Bernhard Schulz, Der Tagesspiegel, 16.08.2017

Leseprobe

1. Danach Alle glücklichen Nationen gleichen einander, jede unglückliche Nation ist auf ihre eigene Weise unglücklich. Die Wahl Donald Trumps am 8. November 2016 zum Nachfolger Barack Obamas im Amt des US-Präsidenten erfahren viele Amerikaner, erfährt die Welt als schwer verdauliche Sensation. Unvorstellbar erschien ein Sieg des so unseriös wie schrill agierenden politischen Neulings aus New York, den sich selbst Spitzenpolitiker seiner eigenen Partei nicht im Weißen Haus vorstellen wollten. Und obwohl in der Woche vor der Wahl die Umfragen ein immer knapperes Resultat prognostizierten, sahen sie nahezu unisono Hillary Clinton im Vorteil - wie schon im gesamten Wahlkampf. Dann wird es doch Trump, wider alle Erwartungen und Vorhersagen und entgegen vieler Hoffnungen. Es war und ist, kurz, nicht zu fassen. Eine große Zahl der amerikanischen Bürgerinnen und Bürger hat Donald Trump gewählt. Für einen anderen großen Teil markiert die Wahl eine profunde Krise der Demokratie, eine historische Revolte gegen Aufklärung, Partizipation und politischen Anstand, eine Tragödie der amerikanischen Republik und Verfassung. Die Washington Post bezeichnet das Land als Kollateralschaden der Kampagne eines Narzissten, die New York Times wähnt noch in der Wahlnacht die Nation ob eines impulsiven President-elect am Abgrund. Jenseits des Atlantiks kommentiert der britische Guardian Trumps Sieg als schwarzen Tag für die Welt, als politisches Erdbeben ohnehin - soweit "The Donald" auch nur wenige seiner Wahlkampfankündigungen wahr machen sollte. Und für die deutsche Leserschaft bringt Der Spiegel es auf einen hierzulande besonders apokalyptischen Alarmismus: "Trump des Willens".1 Donald Trump folgt also Barack Obama als 45. Präsident der Vereinigten Staaten. Größer könnte der Kontrast kaum sein: Hier Obama, der früh in seiner Präsidentschaft den Friedensnobelpreis erhielt, ein Hoffnungsträger, der gleichwohl auf eine ambivalente Bilanz seiner Amtszeit zurückblicken muss. Dort der 70-jährige Immobilienmilliardär, dessen tabulose, polternde Rhetorik von Beginn an das bindende, zentrale Moment seines Wahlkampfs darstellt - und nicht etwa Feinheiten eines politischen Programms. Und auch der Unterschied zur Gegenkandidatin Hillary Clinton ist gewaltig: Eine erfahrene Politikerin, die zudem auf acht Jahre als First Lady zurückblickt, mit einem versierten Wahlkampfteam hinter sich und unterstützt vom Amtsinhaber. Dass es unter diesen Vorzeichen im Rennen um die Präsidentschaft überhaupt hatte eng werden können, schon das überrascht. Normalerweise hätte sich Clinton durchsetzen müssen. Bei allen Schwächen und heiklen Momenten ist sie doch qualifiziert, professionell und zudem vorbereitet auf das Amt. Die Demokraten stellen sich schließlich einigermaßen vereint hinter sie. Sie erfährt die öffentliche Unterstützung durch weite Teile der Publizistik, Gesellschaft und Wirtschaft. Sie liefert eine solide, gehaltvolle Kampagne und verhält sich in den Fernsehduellen wie eine Politikerin. Allerdings hat sie mit einer E-Mail-Affäre zu kämpfen, die ausgerechnet in der letzten Woche vor der Wahl wieder hochkocht. Und was offenbar deutlich schwerer wiegt, als manche zuvor vermuteten: Weite Teile der Wählerschaft sehen in Hillary Clinton geradezu den Prototypen des Mitglieds eines argwöhnisch betrachteten Washingtoner Establishments. Demgegenüber sorgt bereits die Nominierung Trumps zum Präsidentschaftskandidaten der Republikaner für Schockzustände in den Kommentarspalten. Das liegt weniger an dem dürftigen politischen Angebot, das die Trump-Kampagne vorlegt, sondern vielmehr an seiner Person, an seinem Auftreten. Obwohl der Charakter eines Kandidaten immer in den Fokus einer Präsidentschaftswahl gerückt wird, ist dieser Fall besonders. Von Beginn an ist es ein parteiinterner Streit der Republikaner, ob Trump nicht doch ein Hochstapler sei, der Unterstützung unwürdig: Da ist seine mangelnde Qualifikation, sein zweitklassiges Cäsarentum, seine unberechenbare Attitüde, sein bestenfalls absurder, eher clownesker Kommunikationsstil - eine oft als ignorant bis giftig eingestufte Mischung aus Rassismus, Frauenfeindlichkeit, Nationalismus und Vulgarität. Am Ende führt er mit der vollen Wucht des Populismus und einem lockeren Zugang zur Lüge einen historisch schonungslosen Wahlkampf - mit dem bekannten Resultat eines republikanischen Machtausbaus. Die politischen Verhältnisse entlang der Pennsylvania Avenue haben sich geändert - es passt ins Bild, dass just im Herbst und auf halber Strecke zwischen Weißem Haus und Kapitol ein neues (Luxus-)Hotel eröffnet: Das Trump International im Old Post Office, einem schlossähnlichen Gebäude, in dem einst Regierungsbüros untergebracht waren. Die Reaktionen in den westlichen Demokratien, auch in den USA selbst, sind drastisch. Derart umstritten war zweifellos noch kein frisch gewählter US-Präsident. "How can 59.054.087 people be so DUMB?", fragt die Schlagzeile des britischen Boulevardblatts Daily Mirror - anlässlich der Wiederwahl von George W. Bush 2004. Zwölf Jahre später illustriert das Blatt die Schlagzeile "What have they done?" mit einer Freiheitsstatue, die sich vor dunkel aufziehenden Wolken beide Hände vor das Gesicht hält, als könne selbst sie, die so vieles erlebt hat, es einfach nicht fassen. Ein kreatives Bild angesichts der transformativen Kraft, die dem Ereignis innewohnen könnte und die das Land der Freiheit erschüttert. Rechtskonservativen Populisten in Europa mache die Wahl "Mut" - so Frauke Petry, Trump habe "die Karten zur politischen Zeitenwende in der Hand". Zeitenwende? Der Trump'sche Populismus sei ein "tumber Tribalismus", schreibt dagegen Die Zeit, seine im Krawallstil vorgetragenen Botschaften seien "längst überwunden geglaubte Impulse, die an den Grundfesten der Aufklärung rütteln".2 "Längst überwunden geglaubte Impulse" - das dürfte eine Anspielung auf das zentrale Moment der Kampagne sein: Den Appell an die Wut, den Hass und den Verdruss solcher Wählerinnen und Wähler, die sich von Washington vernachlässigt und von der Globalisierung überrollt fühlen, denen der amerikanische Traum in weite Ferne geraten war. Dabei hält die Trump-Kampagne der ohnehin schon gespaltenen Nation einen Spiegel des Niedergangs vor: die Politik korrupt, das Land eine einzige Gewaltorgie und überschwemmt von illegalen Einwanderern, das Volk betrogen, belogen und machtlos. Make America Great Again - fast zwangsläufig und rational, so die Idee, solle man ihn, den Macher, einfach mal machen lassen: America First. Der beispiellosen Kampagne, der Wahlnacht, den ersten Protesten folgt eine standesgemäß atemlose Transitionszeit in der Phase zwischen Wahl und Amtseinführung am 20. Januar. Bizarr allein schon die Auseinandersetzung mit dem Lifestyle-Magazin Vanity Fair, das sich ganz unfair in einer beißenden Kritik an einem Restaurant im New Yorker Trump Tower äußert: So jedenfalls die Wahrnehmung des über Twitter, natürlich, zurückschießenden President-elect. Unfair behandelt fühlt er sich von den Medien ohnehin, die er zu einer Art Sondierungsgespräch einlädt, dann wieder auslädt, dann schließlich doch zu sich kommen lässt - um sich mit der Chefredaktion der als liberal geltenden New York Times und anderen zu streiten. Überhaupt mutiert der Trump Tower zu einem seltsamen Vorhof der Macht: Dort empfängt der Namensgeber in pseudobarockem Ambiente Japans Premier Shinzo Abe - gemeinsam mit seiner Tochter, was nicht nur als Fingerzeig kommender Verflechtungen gewertet wird, sondern als kleiner Marketingskandal durch die Blätter rauscht: Weil ein Foto des Treffens in der Werbung für die Schmuckkollektion eben der Tochter auftaucht. Davon mag Abe nicht viel mitbekommen, denn seine Sorgen sind anders gelagert und beschäftigen sich mit dem am Horizont schimmernden Protektionismus und der Frage, ob die Amerikaner künftig noch militärisch für die Sicherheit seines Landes garantieren werden (oder ob Japan sich Atomwaffen zulegen sollte). Der kommende Präsident triff...

Inhalt

Inhalt 1. Danach 7 2. Alles auf Anfang 13 3. Die verlorene Nation 33 4. Parteien und Bewegungen 41 5. Gespaltenes Land, gespaltene Medien 67 6. Kampagnenzeit 101 7. Das Electoral College und andere Fehler im System 131 8. Welcome to Trumpland 157 9. Ausblick: Orange is the New Black 189 Anmerkungen 211

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