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Mehr als Waschen, Schneiden, Föhnen

Wirtschaftspraktiken im Friseursalon und die Eigenlogik der Städte, Interdisziplinäre Stadtforschung 24

Erschienen am 13.06.2019, 1. Auflage 2019
46,00 €
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Bibliografische Daten
ISBN/EAN: 9783593510637
Sprache: Deutsch
Umfang: 187 S.
Format (T/L/B): 1.1 x 21.2 x 14 cm
Einband: kartoniertes Buch

Beschreibung

Dieses Buch nimmt einen bisher unterbeleuchteten Ort in den Blick: den Friseursalon. Was verrät das alltägliche, wirtschaftliche Handeln von Friseurinnen an ihrem Arbeitsplatz über Frankfurt am Main, Dortmund, Glasgow und Birmingham? Unter dem Paradigma 'Eigenlogik der Städte' etablieren junge sozialwissenschaftliche Ansätze urbane Räume als lokal spezifische (Sinn-)Welten, in denen sich bestimmte Eigenarten beobachten lassen, die von den Bewohnerinnen und Bewohnern mittels unbewusster, alltäglicher Praktiken beständig reproduziert werden. Anna Laura Raschke eröffnet über die Verbindung von Stadt- und Wirtschaftssoziologie eine originelle Perspektive für die Stadtforschung.

Produktsicherheitsverordnung

Hersteller:
Campus Verlag GmbH
info@campus.de
Werderstr. 10
DE 69469 Weinheim

Autorenportrait

Anna Laura Raschke, Dr. phil., ist wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Soziologie der TU Darmstadt.

Leseprobe

Einleitung 'You take delight not in a citys seven or seventy wonders, but in the answer it gives to a question of yours.' Italo Calvino, Invisible Cities Städte haben viel gemeinsam; sie sind verdichtete Ansammlungen von Gebäuden und Menschen, sie haben Straßen unterschiedlicher Größe, Parks und Plätze, Straßen oder U-Bahnen, Schulen, Ämter, Wohnhäuser. Aufgrund unserer Erfahrung wissen wir, ob wir uns in einer Stadt aufhalten. Und wir wissen, dass sich Städte unterscheiden, in ihrer Materialität, in der Anordnung der Gebäude, in Größe und Dichte, Klima und Kultur. Dass man sich in Darmstadt und nicht in Offenbach befindet, ist ein körperlich spürbarer Umstand. Offenbach funktioniert einfach anders als Darmstadt, New York ist nicht Wanne-Eickel (Berking 2008). Diese Alltagserfahrung in soziologische Theorie und Forschung zu fassen, ist die Aufgabe der Arbeiten zur Eigenlogik der Städte, in deren Reihen sich auch dieses Buch einfügt. Es behandelt eine bestimmte Frage: Welche Unterschiede lassen sich im Alltagshandeln von Friseurinnen und Friseuren erkennen und was kann man hieraus aus der Perspektive der Eigenlogik über die jeweilige Stadt lernen? Dass diese Frage so und nicht anders gestellt wurde, hat eine eigene Geschichte. Sie folgt der Erkenntnis, dass Städte ein relevanter Ort der Vergemeinschaftung sind und dass wir, trotz einer langen Tradition der wissenschaftlichen Auseinandersetzung mit ihr (S. 10ff.), noch nicht an der Weisheit letztem Schluss angekommen sind. Die Frage steht auch im Zusammenhang mit einer Neuerung der soziologischen Stadtforschung in Deutschland, der Öffnung für kultursoziologische Betrachtungen und Fragestellungen jenseits von subsumtionslogischen und konkretionslogischen Versuchen. Die Arbeit ist ein Versuch, die Idee der Eigenlogik der Städte empirisch zu probieren (Berking/Löw 2008; Löw 2010; Frank u.a. 2013), wie es auch von ihren Kritikerinnen und Kritikern angeregt wurde (Kemper/Vogelpohl 2011). Dabei widme ich mich in der empirischen Forschung einem konkreten Bereich innerhalb der Städte, nämlich dem Alltag und alltäglichen, wirtschaftlichen Handeln von Friseurinnen und Friseuren an ihrem Arbeitsplatz im Salon. Wirtschaftliche Themen machen einen großen Teil der Forschung zur Stadt aus, jedoch sind städtische Themen in der wirtschaftssoziologischen Forschung unterrepräsentiert (S. 72ff.). Der Umstand, dass Märkte und Akteure empirisch in Städten verhaftet sind, wird nicht systematisch beleuchtet. Hier ist die Verbindung der Ökonomie der Konventionen und der Eigenlogik der Städte ein vielversprechender Ansatz, der sowohl neue Erkenntnisse über Städte anhand ihrer Wirtschaftspraktiken verspricht als auch die Möglichkeit bietet, die lokalen Umstände des Wirtschaftens auf städtischer Ebene in die Überlegungen zu Konventionen einzubinden. Wirtschaft und Markt sind soziale und soziologische Tatsachen (Durkheim 1984), also beobachtbar und sinnvoll. Aus der Marktsoziologie nutze ich für die vorliegende Arbeit den Ansatz der Ökonomie der Konventionen. Mit der Ökonomie der Konventionen ist es möglich, einen praktischen Zugang zum Markt zu erlangen. Sie verbindet den Mikroblick der qualitativen Empirie mit dem abstrakten Handlungsbegriff. Aus der Beobachtung von Praktiken lassen sich Rückschlüsse auf Einstellungen, Überzeugungen und Konventionen ziehen. Die Untersuchung von Praktiken ermöglicht es, die anfangs erwähnte körperliche Alltagserfahrung in wissenschaftlich analysierbare Beobachtungen zu überführen. Dieses Buch ist das Ergebnis eines Dissertationsvorhabens, das im Rahmen eines Teilprojektes innerhalb eines Forschungsverbundes durchgeführt wurde (S. 96ff.). Das Teilprojekt hatte es sich zum Ziel gesetzt, die Wirtschafspraktiken von Friseurinnen und Friseuren in bestimmten Städten zu untersuchen. Friseurinnen und Friseure sind ein fruchtbares und passendes Untersuchungsobjekt, um wirtschaftliches Handeln in verschiedenen Städten zu vergleichen. Sie üben ein Handwerk aus, das hinreichend standardisiert ist, um vergleichbar zu sein und gleichzeitig eine schier endlose Palette der Variation bietet, um persönliche Vorzüge, lokale Besonderheiten, nationale Qualitätsvorstellungen und internationale Ansprüche an moderne Dienstleistung umzusetzen. Gleichzeitig ist der Beruf und sind die Salons bisher noch nicht häufig Gegenstand der Forschung gewesen, sodass keine Ermüdung der Beforschten zu befürchten ist. Die umfangreichen Erkenntnisse aus der empirischen Arbeit in den Friseursalons werden unter der Überschrift 'Mehr als Waschen, Schneiden, Föhnen' ab Seite 106 dargelegt. Hier widme ich mich drei thematischen Fokussierungen: Hierarchie, Selbstinszenierung, sowie Fürsorge und Kollegialität. Diese bilden die Grundlage für meine zusammenfassenden Schlussfolgerungen (S. 153ff.) über die vier Untersuchungsstädte Frankfurt, Dortmund, Glasgow und Birmingham. Dieses Buch endet mit der Beantwortung der Forschungsfrage (S. 160ff.) und einem Ausblick auf denkbare, mögliche und interessante weitere Forschungen zur Stadt, zur städtischen Wirtschaft und zu Friseurinnen und Friseuren. I Stadt und Markt - Eine theoretische Wahlverwandtschaft 1 Von Städten und Märkten Die Auseinandersetzung mit Stadt hat in der Soziologie Tradition. Die Anfänge des Fachs sind eng verknüpft mit der Erfahrung einer Verstädterung. Der gesellschaftliche Wandel, der damit einherging, dass die Bevölkerung vermehrt vom Land in die Stadt zog, machte es möglich und notwendig, sich mit dieser neuen Form der Vergemeinschaftung auseinander zu setzen. Eine Vielzahl von Texten und Ansätzen zu verschiedensten Themen mit städtischem Bezug ist zu finden, z.B. Stadt und Wirtschaft (Weber 1972 [orig. 1922]), Stadt und Planung (Jacobs 1963; Bahrdt 2006 [orig. 1961]), Stadt und Integration (Scott/Soja 1996; Häußermann u.a. 2004). Man kann sagen: 'its subject matter is potentially limitless within the general framework of social science.' (Flanagan 1993: 1) Wie in anderen Themenfeldern bildet sich über die Zeit eine Sammlung an viel zitierten und besprochenen Texten, eine Art Kanon der Stadtsoziologie heraus. Kanon ist hier nicht zu verstehen als unflexible Sammlung von inhaltlich unbestreitbaren Thesen, im Gegenteil: der Kanon ist das Ergebnis der 'Reflexion der eigenen Geschichte und Tradition' (Löw/Mathes 2005: 7) innerhalb der Stadtsoziologie. Anhand der Texte lassen sich Denktraditionen beschreiben, die die Wandlungen und Beharrungen innerhalb der Disziplin anschaulich machen. Einige Texte lassen sich gleich für mehrere Teilbereiche der Soziologie als kanonisch verstehen. So ist Das Kapital von Karl Marx sowohl ein unabdingbarer Text für die Soziologie als Wissenschaft, als auch für die Stadtsoziologie (die grundlegenden Beobachtungen wurden in der zunehmend verstädterten, sich industrialisierenden Gesellschaft gemacht), die Wirtschaftssoziologie (der Fokus auf Produktivkräfte, Produktion und Mehrwert ist ein wirtschaftlicher) und die soziologische Auseinandersetzung mit Macht (die Verteilung der Produktivkräfte und die Frage danach, ob diese gerecht verteilt und genutzt sind, ist eine Frage der Herrschaft) (Marx 2014 [orig. 1867]). Die kanonischen Texte kommen nur bedingt aus der Mode, es sind die Texte, auf die man sich bezieht, um seine disziplinäre Glaubwürdigkeit zu untermauern, von denen man sich abgrenzt, um neue Entwicklungen herauszustellen. Auch in der Ausbildung finden diese Texte häufig Anwendung, gelten als die Grundlagentexte, die sowohl als Einstieg in die Disziplin als auch als theoretisch fundierte Erweiterung der Kenntnisse unabdingbar sind. Beinahe notwendigerweise handelt sich bei den kanonischen vor allem um ältere Texte. Es dauert eine gewisse Zeit, bis sich ein Gedanke etablieren kann, bis der wissenschaftliche Diskurs ein Urteil über seine Haltbarkeit und Überzeugungskraft gefällt hat. Da die vorliegende Arbeit mit der Perspektive der Eigenlogik der Städte in die Forschung geht, ist es sinnvoll, diese als Bezugspunkt de...

Inhalt

Dank 7 Einleitung 9 I Stadt und Markt – Eine theoretische Wahlverwandtschaft 1 Von Städten und Märkten 13 2 Von Märkten und ihren Akteuren 77 II Praxis 1 Handlung und Praxis 85 2 Den Markt in der Stadt praktisch erforschen 99 III Untersuchungsdesign und Vorgehen 1 Städte-Sampling, Friseurinnen und Friseure, Wirtschaftspraktiken 101 2 Design und Erhebungsmethoden 106 IV Mehr als Waschen, Schneiden, Föhnen 1 Hierarchie 111 2 Selbstinszenierung 127 3 Fürsorge und Kollegialität 144 IV Fazit 1 Frankfurt: Alles folgt dem Ideal des Kundenservice 160 2 Dortmund: Wir sind doch alle Menschen 162 3 Glasgow: Das Leben ist schön 163 4 Birmingham: Arbeit als Selbstverwirklichung 165 5 Fazit und Ausblick 166 Tabellen 174 Literatur 180

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