Beschreibung
Carl Stumpf gilt als der bedeutendste Begründer einer Phänomenologie als Lehre von den sinnlichen Erscheinungen, Sehen und Hören, wobei er auf die auditive Wahrnehmung von Tönen, Klängen und Lauten in ihrem basalen Aufbau für Musik- und Sprachentwicklung fokussierte. Sowohl die Analyse der komplexen Struktur dieser kulturellen Gebilde als auch ihre kognitive und emotionale Wirkung verknüpfte er mit der Intention, zu den basalen Grundlagen der menschlichen Erkenntnis vorzudringen, einschließlich ethischer und ästhetischer Handlungs- und Verhaltensweisen.
Als unerhört ist sowohl die unterschätzte erkenntnistheoretische Bedeutung des Hörens im Vergleich mit dem Sehen als auch das Ignorieren von Stumpfs Anlehnung an die Ganzheitslehre des österreichischen Theologen, Mathematikers und Logikers Bernard Bolzano anzusehen. Die daraus resultierenden Folgen eines negativ etikettierten »Psychologismus« seitens der Philosophie (Dummett 1992) erklären sich aus dem wiederholten Verschweigen von Bolzanos Interesse an der Psychologie J.F. Herbarts und Bolzanos ausdrücklicher Befürwortung, »daß die Logik, wenn sonst von keiner anderen Wissenschaft, wenigstens von der Psychologie abhängig sey; und somit auf den Ruhm einer ganz unabhängigen Wissenschaft einmal für allemal verzichten müsse«. Während diese These in der Philosophie bislang gänzlich ignoriert wurde, gelang es Stumpf erstmals, an Herbart und Bolzano anschließend eine erkenntnistheoretisch überzeugende Brücke zwischen einer neuen Logik (»Logologie«) und der Struktur der Sinnlichkeit (Gestalt-Theorie, Mustererkennen) herzustellen, die auch dem scheinbar unlösbaren Leib-Seele-Problem eine empirische Alternative verschaffte.
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Autorenportrait
Margret Kaiser-El-Safti, Promotion 1985 (summa cum laude mit Universitätspreis) und Habilitation 1995 an der Universität zu Köln, heute Department der Humanwissenschaftlichen Fakultät; seit 2006 im Ruhestand.
Alexandra Lavinia Zepter ist apl. Professorin für Literaturwissenschaft und Literaturdidaktik an der Universität zu Köln.