Beschreibung
Die Vielseitigkeit, auch die Widersprüchlichkeit Kaiser Friedrichs II. ist immer wieder betont worden. Aber das Verhältnis zwischen Herrscher und Beherrschten war in den verschiedenen Reichsteilen nicht zuletzt an unterschiedliche Traditionen gebunden, die auch die Wahrnehmung des Staufers durch seine Zeitgenossen bestimmten. Diesen Zusammenhängen gilt die Frage nach Herrschaftsräumen, Herrschaftspraxis und Kommunikation: unter einer solchen Perspektive treten insbesondere die kontextgebundenen, häufig gegensätzlichen Erwartungshaltungen zutage, mit denen der Kaiser in seinem heterogenen Reich konfrontiert wurde und die zu einem guten Teil auch die vielberufene Rätselhaftigkeit seiner Person erklären dürften.
Die Beiträge des Sammelbandes untersuchen Geschichtsbilder und ihre Gegenwart, Formen herrscherlicher Repräsentation und Beispiele charakteristischer Herrschaftspraxis in den einzelnen Teilen des Reichs Friedrichs II.
Autorenportrait
Autoren in der Reihenfolge ihrer Beiträge:
Knut Görich, Marcus Thomsen, Roberto delle Donne, Björn Weiler, Jan Keupp, Martina Giese, Michael Matzke, Harald Wolter-von dem Knesebeck, Gerd Althoff, Theo Broekmann, Christoph Dartmann, Christoph Friedrich Weber, Georg Vogeler, Klaus van Eickels
Rezension
Allerdings wird der Staufer in den einzelnen Beiträgen überzeugend vor dem Hintergrund seiner Zeit gedeutet und damit auf ein normales Maß zurückgestutzt, auch wenn wenigstens in der abendländischen Beizjagd die Einführung der um Luftlöcher verbesserten Falkenhaube eine echte Neuerung darstellte.
Einen weiteren wichtigen Schritt auf diesem Weg zu einer neuen Annäherung an das Phänomen des Stauferkaisers lieferte eine im März 2007 in München von dem Mediävisten Knut Görich veranstaltete Tagung über die »Herrschaftsräume, Herrschaftspraxis und Kommunikation zur Zeit Friedrichs II.«, deren Beiträge nun gedruckt vorliegen. Neben der Repräsentation und dem symbolischen Handeln in diesen Herrschschaftsräumen stehen auch die Geschichtsbilder und ihre Gegenwart im Mittelpunkt der Aufsätze. [...] Dass man allein aus dem Jahr 1239 schon 53 Falkner nachweisen kann und der Herrscher selbst zur Feder griff, um seine Erfahrungen in Vogeldingen in einem eignenen Werk zusammenzustellen, lässt vermuten, dass Friedrich vielleicht ja auch so etwas - wie Martina Giese meint - wie ein »Falkenflüsterer des Mittelalters« gewesen sein könnte.
Zwar liefert der Band kein mittels moderner Ansätze und Methoden gewonnenes neues Friedrich-Gesamtbild, schon weil seine Beiträge, von ihrem unterschiedlichen Erkenntnisinteresse abgesehen, die verschiedenen Herrschaftsräume des Kaisers recht ungleichmäßig und punktuell erfassen. Er bietet jedoch zweifellos wertvolle Einzelstudien, die sich bisher zu wenig beachteten, doch ganz offenbar lohnenden und weiterführenden Fragen zuwenden oder vermeintlich klare Zusammenhänge neu analysieren und beurteilen und in jedem Falle den Leser zum Überdenken der eigenen Sicht herausfordern.
Die Stärke des vorliegenden Tagungsbandes liegt ganz klar im methodischen Ansatz, der in den einzelnen Beiträgen meist überzeugend umgesetzt wurde. Am Ende dieser inspirierenden Studie steht zwar kein vollkommen neues Friedrich-Bild, doch macht sie deutlich, wie notwendig konstruktive Kritik am Mythos Friedrichs II. immer noch ist.