Beschreibung
Die Brüder Grimm befassten sich im Rahmen ihrer vielfältigen Studien auch mit der altnordischen Sprache und Literatur. Die Beschäftigung mit der Lieder-Edda, in der die Nibelungensage in nordischer Ausprägung festgehalten und überliefert ist, bezeichnete Wilhelm Grimm im Jahr 1812 gar als seine und Jacobs ›Hauptsache‹, obwohl sie in genau diesem Jahr den ersten Band ihrer weitaus bekannteren »Kinder- und Hausmärchen« abschlossen. Jacob und Wilhelm Grimms gemeinsame Arbeit an der Textedition und deutschen Übersetzung der eddischen Heldendichtung des Codex Regius mündete schließlich in ihre 1815 erschienene Publikation »Lieder der alten Edda«. Außerdem sind im Nachlass Grimm umfassende Vorarbeiten und Ausarbeitungen zu geplanten weiteren zwei Bänden zu finden.
Die vorliegende Untersuchung befasst sich erstmals eingehend mit diesem weniger geläufigen Projekt der Brüder Grimm, bei dem die beiden Gelehrten mehrere altnordische Heldenlieder erstmalig ins Deutsche übertrugen. Zahlreiche Spuren ihrer gründlichen Arbeiten können in nachfolgenden Übersetzungen und Editionen der Lieder-Edda durch die Jahrzehnte hindurch verfolgt und auch noch in aktuellen Ausgaben gefunden werden. Im Rahmen der wissenschaftlichen Rezeption der Grimmschen Edda-Studien griffen spätere Herausgeber und Übersetzer auch grundlegende Aspekte der Forschungsergebnisse der Brüder auf. Das Edda-Projekt der Brüder Grimm hat bis in die Gegenwart Einfluss auf die Beschäftigung mit diesem nordeuropäischen Beitrag zur Weltliteratur.
Autorenportrait
Der Autor studierte Nordische Philologie sowie Rechtswissenschaften an der Ludwig-Maximilians-Universität München und der Universität Göteborg in Schweden. Er arbeitet in einem Lektorat eines großen Münchner Verlages.
Rezension
Das Buch zeigt, dass sich der Verfasser hervorragend in die Materie eingearbeitet hat und einen genauen Überblick über das gesamte Material gewinnen konnte. […]
Seidler verfolgt mit großer Sachkenntnis die Entwicklung des Grimmschen „Edda-Projektes […] und verdeutlicht die bahnbrechende Wirkung ihrer Arbeit für die im Entstehen begriffene moderne Germanische Philologie.
Daher hat die vorliegende Studie vor allem das Verdienst, dass sie die zahlreichen Belege für die Eddaforschung Jacob und Wilhelm Grimms im Zusammenhang erschließt. Indem der Verfasser alle vorliegenden Erkenntnisse bündelt und sie mit den zahllosen verstreut publizierten Hinweisen auf die Grimmschen Edda-Studien sowie dem reichen unveröffentlichten Material zusammenbringt, bereitet er eine gute Grundlage auch für künftige Forschung.
Seidlers Studie stellt sich in eine Reihe mit bekannten Monographien zu Einzelwerken der Brüder Grimm, z. B. von Alan Kirkness zum Deutschen Wörterbuch, von Beate Kellner zur Deutschen Mythologie oder von Maria Herrlich zur Geschichte der deutschen Sprache. Sie bietet eine alles in allem zuverlässige Materialsammlung zu den altnordischen Studien der Brüder Grimm in ihrer Anfangsphase und ist ein bisher unverzichtbarer Einstieg in das Thema.
It is to hope that this book on the Edda project of the Grimm brothers will lead to a renewed interest in these impressive scholars who belonged to the generations that laid the foundation for modern scholarship.