Beschreibung
Die mediale Berichterstattung angesichts von Fleischskandalen und lebensunwürdigen Haltungsbedingungen sogenannter „Nutztiere“ hat in der letzten Dekade zu einer politischen und wissenschaftlichen Sensibilisierung für den gesellschaftlichen Umgang mit animalischen Mitwesen beigetragen. Nicht zuletzt die Entstehung der Animal Studies versteht sich als Ausweis einer tiefgreifenden Auseinandersetzung mit nicht-menschlicher Alterität in den Kulturwissenschaften. Sowohl diese akademische Strömung als auch der populärökologische Diskurs speisen sich letztlich aus dem philosophischen Feld der Tierethik, die etwa Ansätze einer Mitleids-, Tugend- und Verantwortungsethik einschließt und neueren Überlegungen zu Tierrechten oder politischen Staatstheorien den Weg geebnet hat.
Die Literatur fungiert dabei als Spiegel und Diskussionsraum für die Verhältnisbestimmung von Mensch und Tier und ermöglicht insbesondere durch Formen der Einfühlung eine Beschäftigung des Lesers mit Grundfragen des Zusammenlebens und gegenseitiger Abhängigkeit. Obgleich, wie der vorliegende Band dokumentiert, sämtliche Gattungen und Genres Tiere als Subjekte oder Objekte aufgreifen und die Gesamtthematik an kultureller Bedeutung gewinnt, fehlt bislang eine Einbindung tierethischer Problemstellungen in den Deutschunterricht. Die versammelten Aufsätze, die einen geistigen Kosmos von literarischen "companion animals" des 19. Jahrhunderts, "weißen aras" in der Lyrik der Jahrhundertwende, Marie Luise Rinsers Kurzgeschichte "Die rote Katze" bis hin zu jüngeren Serienformaten wie "Die Dinos" umspannen, arbeiten dieses Desiderat auf, indem sie versuchen, mithilfe praxisbezogener Analysen Integrationspotentiale für den Deutschunterricht auszuloten.
Nimmt der Band somit eine Didaktisierung der Animal Studies vor, werden zugleich die wesentlichen Debatten und Schulen der Theoriebildung abgedeckt und für die Sekundarstufen fruchtbar gemacht. Ziel ist es letztlich, Fragen des Tierschutzes bzw. der Tierrechte als Querschnittsthema in die Bildungs- und Lehrpläne zu integrieren sowie weitere Diskussionen zur ethischen und kultursemiotischen Relevanz von Tieren anzustoßen.
Inhalt
Tierethik in Literatur und Unterricht. Ein Plädoyer 1
„Wir knieten um dich, alle im Rund, / Und keiner dachte: da stirbt nur ein Hund –“ (F. Avenarius) –
Literarische
des 19. Jahrhunderts als Subjekte tiersensibler Didaktik . 17
und
– Tiergedichte in der Didaktik
des Deutschunterrichts 29
Teufel, Vieh, Kind: Luise Rinsers Kurzgeschichte
aus tierethischer Perspektive 55
Freund oder Futter? Tierethische Narrative
als literaturdidaktische Herausforderung 69
Vögel jagen, Katzen töten, Hunde opfern und Schimmel reiten – Möglichkeiten tierethischer Ansätze
für einen produktionsorientierten und wertgestützten Literaturunterricht 91
Zur „Würde der Kreatur“ in Thomas Hettches
105
Kleine Nager in Heldenrollen – Hamster und Meerschweinchen
in der Kinder- und Jugendliteratur 121
Geschichten vom Pferd – Zugänge zum Thema Tierethik und -recht 137
– Ein fächerübergreifender Unterrichtsentwurf
mit Hörspiel-Test 163
Möglichkeiten der Erarbeitung tierethischer, kolonialer und gendertheoretischer Diskurse
im Literaturunterricht am Beispiel von Peter Altenbergs Beja Flor 181
Moralische Handlungsanforderungen am Beispiel der Haustierhaltung
in „tierfreundlichen Kinderbüchern“ 197
Beiträgerinnen und Beiträger 213
Dank an unsere Förderer 215