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Kritik der Kreativität

Erschienen am 15.04.2019, 1. Auflage 2019
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Bibliografische Daten
ISBN/EAN: 9783869623245
Sprache: Deutsch
Umfang: 600 S.
Format (T/L/B): 4.5 x 21.9 x 15.5 cm
Einband: gebundenes Buch

Beschreibung

Wir leben in einer Epoche, die allem, was 'Kreativität' behaupten oder auch nur suggerieren kann, blind huldigt, ja diese nahezu vergöttert. Solche hemmungslose Verehrung verstellt den Blick auf Wesentliches. Man gewinnt den Eindruck, Kreativität sei eine unerschöpfliche Ressource für alle und jeden, jederzeit und bedingungslos abrufbar. Ist sie das? Nein, sie ist es nicht. Kreativität ist ein seltenes Vermögen innovativer und komplexer Transformation. Der rein individuelle Gesichtspunkt reicht nicht. Schöpferische Prozesse sind immer auch solche der Verausgabung und Verschwendung, Erschöpfung und gar Zerstörung. KRITIK DER KREATIVITÄT versucht, den Paradoxien und Widersprüchen des Themas nachzugehen. Das Buch skizziert trans- wie intrakulturelle Verzweigungen und eruiert Hintergründe von poetischen und theoretischen Ausdrucksformen, konzeptuelle Formulierungen und Modelle aus verschiedenen Bereichen in unterschiedlichsten Hinsichten. Das letzte Jahrhundert kann als das hervorstechende einer eigentlichen Vergötterung entfesselter Kreativität gelten. Zum Ende dieses selben Jahrhunderts hin wird die methodische Bearbeitung des Kreativen als einer 'erfindenden' Kunst der Artefakte und des Irregulären zum bestimmenden Modus von entgrenzter Kreativität für zahlreiche weitere soziale Bereiche und Systeme außerhalb der Künste. Die Abhandlung thematisiert europäische und außereuropäische Traditionen und Konzeptionen, archaische wie moderne, künstlerische und außerkünstlerische Motive. Besondere Bedeutung für ein methodisches Verstehen von Kunst wie von ästhetischer Kreativität generell haben darin: das Verhältnis von Künsten und Wissenschaften, Spiel und Experiment, Theorien der Phantasie, die Geschichte der europäischen Künstlerausbildung sowie die differenten Konzeptionen des Schöpferischen, wie sie z. Bsp. die Aborigines oder die chinesische Zivilisation entfaltet haben. Das Buch entfaltet das Spektrum in drei Hauptkapiteln: Zunächst geht es um die thematisch relevanten Dimensionen der Sprache, des Denkens und des Handelns. Es folgen Expositionen, Modelle und kulturelle Varianzen, die sich unter Anderem mit einer polykulturell angelegten Kunstgeschichte des Kreativen auseinandersetzen. Anschließend wird in Fallstudien die komplexe Kritik der Kreativität präzisiert. Ein Epilog zum Problem des 'Rests' beschließt die Abhandlung, die sich als eine entwerfende Kartographie des Syndroms des Kreativen versteht.

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Autorenportrait

Hans Ulrich Reck, geb. 1953, Prof. Dr. phil. habil., Philosoph, Kunstwissenschaftler, Publizist, Kurator. M.A. 1976, Dr. phil. 1989, Habilitation/venia legendi für >Ästhetik und Allgemeine Kunstwissenschaften< 1991. Seit 1995 Professor für Kunstgeschichte im medialen Kontext an der Kunsthochschule für Medien in Köln, davor Professor und Vorsteher der Lehrkanzel für Kommunikationstheorie an der Hochschule für angewandte Kunst in Wien (1992-1995), Dozenturen in Basel und Zürich (1982-1995). Seit April 2014 Rektor der Kunsthochschule für Medien Köln, seit April 2016 Sprecher der Rektorenkonferenz der deutschen Kunsthochschulen (RKK). Publikationen zuletzt: Pier Paolo Pasolini - Poetisch Philosophisches Porträt, 2 CDs (Königs-Wusterhausen 2012); Spiel Form Künste. Zu einer Kunstgeschichte des Improvisierens (hg. v. Bernd Ternes, Hamburg 2010); Pier Paolo Pasolini (München 2010); Traum. Enzyklopädie (München 2010); Diskursive Twin Towers/ Theorieturnier der Dioskuren (gemeinsam mit Bazon Brock, Hamburg 2010); Knacki (gemeinsam mit Erik Steinbrecher, Basel 2008); Index Kreativität (Köln 2007); EIGENSINN DER BILDER. Bildtheorie oder Kunstphilosophie? (München 2007); Das Bild zeigt das Bild selber als Abwesendes (Wien/New York 2007); THE MYTH OF MEDIA ART. The Aesthetics of the Techno/Imaginary and an Art Theory of Virtual Realities (Weimar 2007); Kunst als Medientheorie. Vom Zeichen zur Handlung (München 2003); Mythos Medienkunst (Köln 2002); Junggesellenmaschinen (erw. Neuausg. zus. mit Harald Szeemann, Wien/New York 1999); Zugeschriebene Wirklichkeit. Alltagskultur, Design, Kunst, Film und Werbung im Brennpunkt von Medientheorie (Würzburg 1994); Grenzziehungen. Ästhetiken in aktuellen Kulturtheorien (Würzburg 1991). Außerdem: audiolectures 1 bis 4 zur Geschichte der Künste im medialen Kontext (Kunsthochschule für Medien Köln 2001 - 2013). Werke in öffentlichen Sammlungen/ künstlerische Kooperation: »Bild ist nicht Kunst«/»Kunst ist nicht Bild«, Textbeitrag für die dauerhafte Installation im weltweit angelegten Zyklus/work in progress von Remotewords (Achim Mohné/Uta Kopp), Dach des >Hauses der elektronischen Künste< in Basel, Dreispitzareal, Einweihung 22. November 2014; Ich kann, weil ich will, was ich muss, angekauft durch die Sammlung Ströher und seit November 2013 fest installiert im Duisburger Innenhafen als Teil der ständigen Ausstellungen des Museums Küppersmühle Duisburg (zusammen entwickelt mit Andreas M. Kaufmann, ursprünglich realisiert als Ausstellungsinsel für >Ruhr Atoll 2010. Kunst und Energie< im Rahmen der Aktivitäten und Ausstellungen der Kulturhauptstadt Ruhrgebiet/Essen, Baldeneysee Essen vom 12. Mai bis Ende September 2010)

Inhalt

Vorwort 13 ERSTER TEIL: SPRACHE, DENKEN, HANDLUNG 1. Von der Kunst zur Kreativität: Situierungen, Forschungslage, strukturelle Definition 16 Von der Kunst zum Diskurs der ›Kreativität‹? 18 Eine Definition 19 Metaphernfeld, Vor- und Ausprägungen ästhetischer Assoziationen 22 Methodische Differenzierungen und Situierungen 23 Intelligenz, Gewitztheit und weitere kreativitästheoretisch bedeutsame Differenzen, aber auch Parallelen 24 Kreativität und Simulation 27 Künstlerische Artefakte, Kreativität als Fiktionalisierungsmacht der Künste 28 2. Paradoxon des Kreativen 30 3. Kreativität: Thema und Obsession eines Jahrhunderts 34 4. Entäußerung und Utopie – Verteidigung und Kritik eines Phänomens 37 5. Stellenwert und Umfang des Kreativen in Kunst und Wissenschaften 54 Muster von ›Ordnung‹ und ästhetische Illusion 58 Nicht-intentionale Erfindung unter Knappheitsbedingungen 75 Exkurs: Linien ziehen, Formen entwickeln 89 Tiefengrammatik: Variationsreichtum, Sprachfähigkeit, Produktivität 92 Selbstgefühl und Faltung: seltsame Schleifen, gefühlte Evidenz 101 ZWEITER TEIL: EXPOSITIONEN, MODELLE, KULTURELLE VARIANZEN 6. Umrisse einer Kunstgeschichte des Kreativen 116 7. Die Entstehung des Neuen – Kunst als Paradigma von Kreativität 124 8. Kunst der Verschwendung: ›Potlatsch‹ 127 9. Exkurs: Wissenschaft, Kunst, Technik – eine europäische Konstruktion 132 10. Schrift und Schreiben – zum paradoxen Phänomen eines ›kreativen Schreibens‹ 137 11. Erzwungene Neugierde, probehalber – der Mensch als versuchsweise offenes Wesen oder Nicht-Wesen 141 12. Geschmack und Erkennen – Neues in der Kunst 146 13. Kunst der Fiktion – Neuschöpfungen im imaginären Museum 148 14. Neues im Wissen – epistemologische Modelle 150 Herkömmliche Vorstellungen vom wissenschaftlichen Fortschritt 151 Abweichende Auffassungen von Thomas S. Kuhn 152 Zur Einheit von Wissenschaftsgeschichte und Wissenschaftstheorie 158 Exkurs zum ›Paragone‹ zwischen Künsten und Wissenschaften 161 15. Welt im Hintergrund des Gedankens: Konstruktionen 164 16. Kunst des Hervorbringens: Granulation als Modell 166 17. Klecksen und andere Listen – Inspiration am Materialwiderstand 173 Aleatorisches, Improvisation 178 18. Automat, Maschine, Gott – zum Kreativitätsbegriff Norbert Wieners 183 19. Sind Maschinen kreativ? Über Neid, sexuelle Konkurrenz zwischen Mensch und Maschine, ›Junggesellenmaschinen‹, Samuel Butler und ›Wunderkammern‹ 193 Von den Wunderkammern zu Bionik und Simulation des Lebens 216 20. Menschenmaschinen, Gesellschaft, Zukunft bauen – Eine Vision des Ingenieurs Hans Moravec und ihr dystopischer Preis 219 21. Generative Natur, ›Natürlichkeit‹, Selbstentwurf, Schöpfung 228 22. Gewalt des Sehens, Tötung des Blicks, Mord am Auge – Zerstörung als Schöpfung: Zu einigen Elementen magisch-religiöser Metaphysik der Destruktion als Urgrund des Schöpferischen 234 23. Traumgewebe, schöpferischer Wahn, irrlichternde Fantasie, Sucht und Unaussprechliches 241 24. Schein des Zufälligen – künstlerische Aspekte zum ›Spielerischen‹ 249 25. Würfel, Spiel, Zufall – Ein Seitenblick auf Marcel Broodthaers 253 26. Kreativität und Spiel – zur Bedeutung von Theorien zum Spiel für kreative Prozesse (Ästhetik, Kunst) 256 Verordnet: Leben als Spiel, sozialer Kampf, Behauptung spieltheoretischer Rationalität, unterstellte Nullsummenspiele 257 Gewalt des Überschusses, Spiel als Kompensation 259 Kunst als ein Spiel der Verausgabung und Verschwendung – Georges Bataille 261 Karte und Territorium, Spieltheorie, Meta-Kommunikation 263 ›Corriger la fortune‹ und ein globisches Spiel der Natur – eine knappe Erinnerung 265 Geschärfte Erhaltung von Paradoxa 273 27. Polyvalente Interpretanten, offene Codes 276 28. Subjekt als Modell problematischer Selbstbehauptung 287 29. Zur Anthropologie sozialer Kreativität bei Pierre Legendre 292 30. Typografie, Symbolik und Kalligrafie – Notationen in europäischer Typografie und chinesischer Schrifterfindung 297 Grundzüge beispielgebender chinesischer Kreativitätsauffassung: Mimesis in der und durch die Natur statt Subjektbehauptung als ästhetische Artefaktbildung 299 Arbeitsteilung, Spezialistentum, Handlungsspielräume: Individualität und Serialität – diverse Modellvorstellungen von ›Kreativität‹ 303 Kalligrafie, Schrift: Zivilisation und Symbolkonstruktion 308 Typografie und computergestütztes Schriftentwerfen – westwärts gerichtete Beispiele 313 Phänomene und Topoi, Struktur und Modell: Typografie, Kalligrafie, diverse Programmkonzepte 318 Schrifthintergründe, im summarischen Vergleich: Verzeichnung des Phonetischen im Gegensatz zum modularen Entwurf eines Symbolisierungssystems 323 31. Bild-Form, generative Natur der Kunst – Kreativität in der chinesischen Zivilisation 329 Alterität differenter Kulturen 331 Das ›große Bild‹ nach François Jullien 333 Mimesis und Reflexion 337 Chinesische Kunst, besonders Malerei 340 Landschaft, fließende, unfassliche Natur als Bildproblem 343 Jenseits der Opposition von Subjekt und Objekt 346 Generative Natur und dienende Kunst diesseits ihrer Innovations- oder Kreativitätsbehauptung 349 32. Verlernen und Formzerstörung als Voraussetzungen einer Erneuerung des Kreativen 353 33. Kreieren/Zerstören: Zu einer poetischen Dialektik von Erzeugen und Zerstören 358 34. Daedalus gegen Ikarus – Innovationszwang in der europäischen Kunst im Licht eines typologischen Modells 376 35. Weben, Textur – formale und formbildende Verknüpfung 381 36. Zwischen Einzigartigkeit und Unbeholfenheit – divergente Wertehierarchien in der Kunst 386 37. Authentizität als Hypothese und Material – Transformation eines Kunstmodells 399 Einleitung: ›Camp‹, Manierismus, Dandy 401 Ressourcen, Ausdehnungen, Transformationen 403 Immer wieder Pop Art, immer wieder auf erweiterter Stufe 406 Das offene Kunstwerk – Kontur eines Entwurfs 409 Die authentische Setzung der Rezeption. Eine erneute Entdeckung und Neubewertung der Konzeptkunst 412 Kosuths ausweglose Tautologien 424 Kunst des Virtuellen, real 430 Die elektronische Herausforderung 435 Analog, digital – Verzerrungen und Verdrehungen, Missverständnisse: ›Fotografie‹ im digitalen Zeitalter oder Über das Scheitern der Referenz 437 Ausblick auf eine notwendige Hybridisierung – Avantgarde, Täuschung, Fälschung 441 38. Kreative Wiederholung, Bild/er/schaffen: Imitation und Mimesis 446 DRITTER TEIL: FALLSTUDIEN, SITUATIONEN, PANORAMA 39. Kunst, dekorativ 454 Kunst als Verdacht gegen das Leben – Verlieren, Endpunkt des Schöpferischen 456 40. Das Autochthone als Suggestion einer posthistorischen Melancholie 461 41. Differierendes kulturelles Empfinden – verdeutlicht am Unterschied des altchinesischen vom altgriechischen Konzept der Messung musikalischer Harmonie und Proportion 466 42. Zufall, Auf- und Abwertung, spielerische Umcodierungen als kreative Verschiebungen 471 43. Zerstörung – Einheit des Schöpferischen und des Destruktiven 478 44. Wachstum, Produktionswahn, blinde Verschwendung – Stereotyp, fatale Kreativitätsauffassung 482 45. Bedeutungsleere Rede – Gemeinplätze 488 46. Schließen, Schlussfolgern, Imaginieren: Deutungen kreieren 496 47. Fantasie, Herstellen, Denken: ein ›wunderbares Vermögen der Einbildungskraft‹ 507 48. Kreativität bei den Aborigines: Kunst und Mythos 516 49. Über Giorgio Vasaris beispielgebende Konzeptionen: Moderne Kunstakademie, Historie der Künste, Kreativität des Künstlers 522 EPILOG 50. Künstlerrollenmodelle im Spiegel der Geschichte 536 Ausgangspunkt 537 Die Auffassung der Griechen und Römer 537 Christliche Ära 539 Neuzeit 540 18. Jh. bis in die Gegenwart 540 Gegenwart und darüberhinaus 543 51. Kreativität als Paradox und die Erforschung des Neuen – eine knappe Übersicht 545 52. Ohne Rest? 548 LITERATUR, DANK, AUTOR Bibliografie: zitierte Literatur/Referenzen 557 Ein Dank oder ein Wort zum Beschluss 592 Zum Autor 595