Wahrnehmen und Handeln
Perspektiven einer Literaturanthropologie
Braungart, Wolfgang / Ridder, Klaus / Apel, Friedmar
Erschienen am
14.05.2004, 1., Aufl.
Beschreibung
Die Literaturwissenschaft hat sich verstärkt seit den achtziger Jahren anthropologischen Themen zugewandt – vor allem in Auseinandersetzung mit der französischen Nouvelle Histoire und der Ethnologie. Verwandtschafts-, Geschlechter- und Familienbeziehungen, Körper-, Wahrnehmungs- und Emotionsdarstellungen, Symbolisierungen von Sexualität, Gewalt, Krankheit und Tod fanden neues Interesse. Eine kulturanthropologische Ausweitung der Literaturwissenschaft, also der Blick auf Identitäten und Differenzen von Sinnbildungsprozessen in unterschiedlichen Epochen und Kulturen, war von vornherein in diesem Ansatz angelegt. Von der Kulturanthropologie und Ethnologie sind besonders weit tragende Impulse für die Literaturwissenschaft der neunziger Jahre ausgegangen. Begriffe wie etwa Ritual, Liminalität oder Konflikt hat man mit Gewinn aus diesen Disziplinen importiert.
Der Band dokumentiert die Beiträge einer Tagung, die die Herausgeber am Zentrum für interdisziplinäre Forschung der Universität Bielefeld geleitet haben. Er enthält Aufsätze zur mittelalterlichen, frühneuzeitlichen und modernen Literatur in anthropologischer Perspektive, zum Verhältnis von historischer Anthropologie und literarischer Ästhetik sowie zu den Perspektiven einer historisch-anthropologischen Literaturwissenschaft.
Inhalt
Vorwort
Klaus Ridder, Wolfgang Braungart, Friedmar Apel: Literaturanthropologie. Einige Notizen zur Einführung
Christian Kiening: Gewalt und Heiligkeit. Mittelalterliche Literatur in anthropologischer Perspektive
Klaus Ridder: Kampfzorn. Affektivität und Gewalt in mittelalterlicher Epik
Otto Langer: Memoria passionis: spirituelle Praktiken und ihre Grenzen. Zu Heinrich Seuses Passionsmystik reiner Innerlichkeit
Beate Kellner: Zur Kodierung von Gewalt in der mittelalterlichen Literatur am Beispiel von Konrads von Würzburg ,Heinrich von Kempten‘
Martin Przybilski: Satans fünfte Kolonne. Fremde im geistlichen Spiel des deutschen Spätmittelalters
Peter Burschel: Gryphius’ ,Catharina von Georgien‘ historisch-anthropologisch
Bernd Herrmann: Der Blick der Lebenden auf ,Die drei Toten‘. Soemmerings ,Tambour Flies‘, der Arm Herzogs Christian von Braunschweig-Wolfenbüttel und das Ende des ,Wilden Mannes‘
Iris Hermann: ,Blutende Fenster‘: Bilder verwundeter Körper bei Jean Paul, Franz Kafka und in der Psychoanalyse
Lothar van Laak: Literarisches Wahrnehmen – ästhetisches Handeln. Zum Stellenwert der Aufmerksamkeit im Prozeß der Aisthesis
Friedmar Apel: Elementare Kategorien der Welterfahrung. Richard Alewyns Eichendorff-Studien als Zugang einer literaturanthropologischen Analyse der Wahrnehmung
Thomas Macho: Narziß und der Spiegel. Selbstrepräsentation in der Geschichte der Optik
Elisabeth Strowick: Methodische Überlegungen zu einer rhetorischen Anthropologie
Susanne Kaul: Literarische Maieutik
Achim Barsch: Literarische Anthropologie und empirische Literaturwissenschaft
Wolfgang Braungart: Tabu, Tabus. Anmerkungen zum Tabu ,ästhetischer Affirmation‘
Rüdiger Bittner: Anthropologie – das Projekt und seine Aussichten
Wolfgang Riedel: Literarische Anthropologie. Eine Unterscheidung
Die Beiträger