Beschreibung
Schriftsteller-Inzenierungen sind zentrale Bestandteile in der Selbstdarstellung des Systems Literatur. Sie gehören zu den Basiselementen, aus denen sich unterschiedliche in diesem System realisierte Strukturen zusammensetzen. Die Inszenierung von Autorschaft wird von poetologischen, soziologischen, psychologischen, ökonomischen und nicht zuletzt medienstrategischen Faktoren gesteuert und strahlt als Gesamtphänomen wieder auf diese zurück.
Der Band versammelt Beiträge, die sich mit Inszenierungen von Schriftstellern aus unterschiedlichen Blickwinkeln und mit diversen methodischen Ansätzen beschäftigen. Ein thematischer Schwerpunkt liegt auf der Literatur der Moderne und Nachmoderne. Betrachtet werden Autoren wie Karl May, Raoul Hausmann, Thomas Mann, Alexander Kluge, Peter Handke oder Rainald Goetz, um nur einige zu nennen. Erscheinungen wie die Wirkung der Fotografie auf die Selbstdarstellung von Literaten, die Dichterlesung und die Medienvielfalt nach 1960 werden im Hinblick auf die Rolle und das Bild des Schriftstellers grundlegend analysiert. Von der Denkmal-Gestaltung über die Performanz des Autors im öffentlichen Raum bis hin zu Fragen des Auftretens und Agierens von Schriftstellern und Intellektuellen im multimedialen Rahmen der Jetztzeit ist damit der inhaltliche Bogen der hier dokumentierten Aufsätze gespannt. Es geht um die Wechselwirkungen von Fremd- und Selbstbildern bei Autoren unterschiedlichster Art in verschiedenen Phasen der modernen Literatur, auch unter Einbezug der Vorgeschichte dieser Phänomene im Mittelalter und im 19. Jahrhundert.
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Autorenportrait
Gunter E. Grimm, Prof. Dr., Studium der Germanistik und Geschichte, Promotion 1970 an der Universität Tübingen, Habilitation 1981, Prof. Würzburg 1988, seit 1994 Prof. für Neuere deutsche Literatur an der Universität Duisburg (seit 2003 Duisburg-Essen).
Christian Schärf, Prof. Dr., geb. 1960, Studium der Germanistik, Romanistik und Philosophie, Promotion 1993, Habilitation 1998, seit 2004 apl. Prof. am Deutschen Institut der Universität Mainz.
Inhalt
Gunter E. Grimm / Christian Schärf: Einleitung
Gaby Herchert: „niht anders kann ich iu verjehen…“ Zur Topik der Selbstrepräsentation mittelalterlicher Autoren
Rolf Selbmann: Goethes Denkmäler. Selbstbild und Ikonographietradition
Christian Schärf: Belichtungszeit. Zum Verhältnis von dichterischer Imagologie und Fotografie
Helmut Schmiedt: Karl May – ein früher Popstar der deutschen Literatur
Ruth Florack: Prinz Jussuf und die Neue Frau. Else Lasker-Schüler und Vicki Baum im „Uhu“
Walter Delabar: Der Autor als Repräsentant, Thomas Mann als Star. Aufstieg und Niedergang der öffentlichen Funktion des Autors im 20. Jahrhundert
Jan Knopf: „Wer immer es ist, den ihr sucht: ich bin es nicht.“ Legenden von und um Bertolt Brecht
Yvonne-Patricia Alefeld: Raoul Hausmann – Pose Poesie Performance
Gunter E. Grimm: „Nichts ist widerlicher als eine sogenannte Dichterlesung.“ Deutsche Autorenlesungen zwischen Marketing und Selbstpräsentation
Stephan Ditschke: „Ich sei dichter, sagen sie“. Selbstinszenierung beim Poetry Slam
Uwe Werlein: „Wir hatten ja nicht einmal SchreiPapier in jenen Jahren.“ Der ‚arme Dichter‘ Arno Schmidt
Christoph Ernst: Alexander Kluge und die offene Frage des Intellektuellen im Medienzeitalter
Dieter Heimböckel: Zwischen Elfenbein- und Fernsehturm. Peter Handkes (massen-)mediale Widerspruchsarbeit
Petra Gropp: „Ich/Goetz/Raspe/Dichter“. Medienästhetische Verkörperungsformen der Autorfigur Rainald Goetz
Volker Wehdeking: Helmut Kraussers Dichterbild in seinen Tagebüchern: die exemplarische Selbstinszenierung im Kommentar zur Erzählung „Der große Bagarozy“
Wilhelm Amann: Arbeit am Autor. John v. Düffel und die Filmdokumentation über die Entstehung seines Romans „Houwelandt“ (2004)
Zu den Verfassern