Beschreibung
Rudolf Steiner regte an, zu Ostern ein Mysterienspiel vor der Holzplastik des Menschheitsrepräsentanten aufzuführen, das vom Menschen handelt, wie er vom Erzengel Raphael in der Heilkunst unterwiesen wird und lernt, die Widersachermächte zu erkennen, sie dadurch zu erlösen und wieder in den Dienst der Menschheitsentwicklung zu stellen.
Mit dem hier vorliegenden Spiel greift der Arzt Hans Joachim Pohl (1909 bis 1963) diese Anregung auf. Als er 1951 nach Australien auswandert, um dort die anthroposophisch erweiterte Medizin zu etablieren, hat er sein Raphael-Oster-Spiel bereits fertig geschrieben.
Der Erstveröffentlichung von „Des Menschen Heilung“ sind als Studienmaterial noch eine Reihe Aufsätze und Dokumente beigefügt, die ein Licht auf die Arztpersönlichkeit werfen, die in der Geistesnachfolgeschaft Rudolf Steiners und als direkter Schüler Ita Wegmans den Keim für eine erweiterte Medizin in Europa vorangetrieben und dann auf den fünften Kontinent getragen hat.
Im Anhang findet sich außerdem - erstmals veröffentlicht - das geistverwandte „Kultische Osterspiel“ von Gunda-Elisabeth Bühler.
Rezension
Des Menschen Heilung - Ein Raphael-Oster-Spiel von Hans Joachim PohlRudolf Steiner hat mit dem Blick auf seine Holzplastik des Menschheitsrepräsentanten zwischen Luzifer und Ahriman davon gesprochen, dass zu dieser Plastik eigentlich ein Mysterien-Osterspiel gehöre, das von Raphael und dem Menschen handle und zu Füßen der Plastik aufgeführt werden müsse. Manche Dichtungen sind so entstanden, so das Persephone-Spiel von Ita Wegman und Walter Johannes Stein, von Friedrich Doldinger, von Gunda-Elisabeth Bühler und jüngst auch von Wilfried Hammacher. Nun hat der Dresdner Arzt Michael Schnur im Selbstverlag ein weiteres Osterspiel des anthroposophischen Arztes Dr. med. Hans Joachim (‚Jochen’) Pohl herausgegeben, das bisher weitgehend unbekannt war.Dr. Pohl wurde als Sohn eines Arztes in Polen in der Nähe des Gutes Koberwitz 1909 geboren und kam früh mit der Anthroposophie, im speziellen mit der Heilpädagogik und mit Ita Wegman in Verbindung. Er war wohl ebenso wie sein Vater Rosenkreuzer und lebte tief und spirituell in der Natur, die ihm lebendig erlebtes Wesen war, sowohl Pflanzen als auch Tiere und Gestein. Nach Abschluss des Medizinstudiums arbeitete er im Heilpädagogischen Institut Dr. Geraths in Eckwälden, war Feldarzt an der russischen Front im 2. Weltkrieg und folgte 1951 einem Ruf nach Australien, wo er der erste anthroposophische Arzt war und mit seiner Frau Kyra das erste Heilpädagogische Heim aufbaute. 1963 starb er an akutem Herzversagen, nach dem er schon während des Krieges zwei Mal einen Herzinfarkt erlitten hatte.Auch während des Krieges schrieb er sein Raphael-Oster-Spiel, das er als Manuskript nur einigen engen Freunden gab. Erst 1996 kam es in die Hände seines Sohnes Raimund und wurde 1999 im Heilpädagogischen Heim ‚Inala’ bei Sydney (Australien) uraufgeführt.In diesem Spiel handeln lediglich vier Personen: Luzifer und Ahriman, der Mensch und Raphael. Erst durch Luzifer, später durch Ahriman geleitet, gerät der Mensch in Zweifel, Krankheit, Überheblichkeit und schließlich Verzweiflung. Nun tritt Raphael als sein Lehrer auf und unterweist ihn mit dem Symbol des Merkurstabs in der Kunst des Heilens: wie Krankheit von Luzifer und Ahriman kommen und wie in den Auferstehungskräften der Natur die Heilkraft verborgen liegt und wer der wahre Heiler des Menschen ist. Der Sprachfluss des Spiels klingt erstaunlich direkt an den der Mysteriendramen Rudolf Steiners an. Der Inhalt mag einfach oder naiv anmuten, verrät jedoch viel von der Naturerkenntnis eines Felix Balde und der Märchenweisheit seiner Frau.Ergänzend zu dem Spiel findet sich eine Ansprache zu der Uraufführung durch den Sohn Raimund und ein Nachruf seiner Frau Kyra, der Text des Osterspiels von Gunda-Elisabeth Bühler und die sehr feinsinnige Erklärung des Herausgebers Michael Schnur mit vielen Literaturhinweisen. Ein kleiner Buchschatz, der in viele Hände und Herzen gelangen möge.Prof. Dr. med. Volker FintelmannHamburg, den 24.06.2008