Beschreibung
Sie waren zivile Seeleute, keine Soldaten und als Besatzungsmitglieder der (zumeist) britischen Handelsmarine unbewaffnete Akteure des Zweiten Weltkriegs. Wer von ihnen Angriffe der Kriegsmarine überlebt hatte und in Gefangenschaft geriet, wurde an Bord häufig mit dem Satz „For you the war is over!“ begrüßt. Diese Sailors stammten aus mehr als 30 Nationen und wurden als Marine-Internierte zentral in Westertimke untergebracht, einem kleinen Dorf 30 Kilometer nordöstlich von Bremen. Zwischen 1941 und 1945 befanden sich dort im Marine-Interniertenlager – kurz MILAG – etwa 3500 bis 4000 Männer, die vor Norwegen, im Südatlantik, vor Galapagos oder Sumatra in deutsche Hände geraten waren. Rund drei Viertel von ihnen gehörten im weitesten Sinne Großbritannien an. Die anderen oft unterprivilegierten Seeleute stammten aus Britisch-Indien, Griechenland, Spanien, Argentinien, Ägypten oder Westafrika. Die Kriegsmarine hielt die Regularien der Genfer Konvention grundsätzlich ein, während das Internationale Komitee vom Roten Kreuz ausreichend zusätzliche Lebensmittelpakete lieferte. In Gefangenschaft entwickelte sich inmitten der norddeutschen Tiefebene ein vielschichtiges Lagerleben, zu dem Kultur, Religion, Bildung und Sport gehörten. Die Kriegsmarine hatte ihre komplette Organisation dafür förmlich in Westertimke integriert. Das Dorf selbst stand im weltweiten Fokus von Angehörigen der zivilen Seeleute, ehe diese am 28. April 1945 von britischen Truppen befreit wurden.
Die Lagergeschichte Westertimkes war bisher zumindest in Deutschland ein blinder Fleck. ´Die Leute im Dorf haben mich ermutigt, die Geschichte des Lagerstandorts zu recherchieren', sagt Michael Ahrens. Das hat er mit viel Akribie und Detailliebe getan, ohne dabei den überregionalen und internationalen Hintergrund zu vernachlässigen. (Weser Kurier vom 22. März 2025)
Eindrücklich sind die Schilderungen des Alltags des Seeleute. Der Leser bekommt ein farbiges und konturiertes Bild dank der zahlreichen Zitate der Internierten. (...) Nicht mehr aus der Hand legen mag er das Buch, wenn es auf den Tag der Lagerbefreiung zustrebt. Er fiebert mit, wenn Ahrens gespickt mit Zeitzeugenberichten die dramatischen Tage vom 26. bis 28. April 1945 schildert. (Zevener Zeitung vom 22. März 2025