Beschreibung
BASt V 225: Neue Technik für den Straßenbetriebsdienst
Teil 1: Informations- und Kommunikationstechniken –
Teil 2: Autonomes Fahren für den Straßenbetriebsdienst
Chr. Holldorb, K. Häusler, D. Träger
152 S., 53 z.T. farb. Abb., 17 Tab., ISBN 978-3-95606-022-9, 2013, EUR 21,50
Teil 1: Informations- und Kommunikationstechniken
In vielen Arbeits- und Organisationsprozessen des Straßenbetriebsdienstes werden Informations- und Kommunikationstechnologien eingesetzt, um Arbeitsabläufe zu erleichtern und sicherer zu gestalten, die Qualität der erbrachten Leistungen zu steigern sowie um¬fassende Daten und Informationen für die administrative und politische Leitung, die Verkehrs¬teilnehmer und die Öffentlichkeit insgesamt bereit zu stellen. Die Potenziale der IuK-Technologien werden im Straßenbetriebsdienst aber häufig nur unvollständig genutzt, zum Teil stehen in anderen Einsatzbereichen und Branchen weitergehende Technologien zur Verfügung, deren Übertragbarkeit auf den Straßenbetriebsdienst jedoch offen ist. Ziel des durchgeführten FE-Vorhabens war die systematische Aufbereitung von Anforderungen und Möglichkeiten der IuK-Technologien, wofür u.a. eine bundesweite Umfrage und zahlreiche Interviews zum derzeitigen Einsatz erfolgten.
Die Anforderungen des Straßenbetriebsdienstes an den Einsatz der IuK-Technologien berücksichtigen neben der derzeitigen Praxis auch künftige Entwicklungen, die sich beispiels¬weise aus der Einführung der wirtschaftlichkeitsorientierten Steuerung des Betriebsdienstes ergeben. Damit IuK-Technologien erfolgreich eingeführt und betrieben werden können, ist neben Funktionalität und Qualität der technischen Komponenten auch die Berücksichtigung der organisatorischen und betrieblichen Abläufe im Straßenbetriebsdienst von großer Bedeutung. Neue Technologien sollten in ein IuK-Gesamtkonzept integriert sein; es empfiehlt sich ein modularer Aufbau.
In den Untersuchungen zur mobilen Sprach- und Datenkommunikation wurde deutlich, dass bei Auslaufen des Analogfunks neben dem Aufbau eigenständiger Digitalfunknetze auch die Nutzung des kommerziellen Mobilfunks in Betracht gezogen werden sollte. Wesentliche Grundlagen für die wirtschaftliche Steuerung sind die automatisierte Einsatzdatenerfassung sowie ein umfassendes Bestandsdatenmanagement, wobei Bestandsobjekte auch mit Hilfe von RFID-Chips identifiziert werden können. Im Winterdienst sollten verstärkt berührungslose Sensoren für die Erfassung von Fahrbahntemperatur und –zustand zum Einsatz kommen. Salzmanagementsysteme ermöglichen u.a. die Überwachung von Streustoffvorräten an nicht besetzten Standorten sowie eine übergeordnete Logistik bei Lieferengpässen. Wichtig sind auch Systeme zur Unterstützung der Fahrer von Winterdienstfahrzeugen, durch die Einsätze anforderungsgerechter und flexibler erfolgen können.
Es wurden auch neue und innovative IuK-Technologien analysiert, die große Potentiale für den Straßenbetriebsdienst erkennen lassen. Hierzu zählen die mobile Erfassung des Straßen¬zustandes für den Winterdienst durch Einsatzfahrzeuge oder Fahrzeuge des Individualverkehrs, alternative Kommunikationswege für die Warnung der Verkehrsteilnehmer vor Arbeitsstellen im Verkehrsraum sowie das autonome Fahren von Absperr- und Vorwarn¬anhängern, durch das die Gefährdung des Personals im Verkehrsraum deutlich reduziert werden kann. Es besteht jedoch noch erheblicher Forschungs- und Entwicklungsbedarf, um diese Technologien effizient im Straßenbetriebsdienst einzusetzen sowie ihren Nutzen umfassend bewerten zu können.
Teil 2: Autonomes Fahren für den Straßenbetriebsdienst
Mitarbeiter des Betriebsdienstes sind in Arbeitsstellen auf Autobahnen enormen Unfallgefahren ausgesetzt. Weiterhin erfordert die Sicherung von Arbeitsstellen kürzerer Dauer (AkD) einen hohen personellen und zeitlichen Aufwand. Im Rahmen des FE-Projektes „Informations- und Kommunikationstechniken zur Optimierung des Betriebsdienst-Managements“ wurde deutlich, dass die Anwendung autonomer Fahrzeuge im Betriebsdienst umfangreiche Möglichkeiten zur Reduktion der Gefährdung des Personals im Verkehrsraum bieten kann. Daher wurde in einer ergänzenden Untersuchung der Entwicklungsansatz „Autonomes Fahren für den Straßenbetriebsdienst“ konkretisiert.
Es wurde zum einen eine Minimallösung, mit der sich ein autonom fahrendes Absperrfahrzeug, welches einem Führungsfahrzeug auf der Autobahn folgt, realisieren lässt, konzeptionell untersucht. In einem zweiten umfassenden Gesamtkonzept ist die Automatisierung einer gesamten Absicherungskolonne mit Absperr- und Vorwarnfahrzeugen incl. der unbemannten Anfahrt zur Autobahn auf nicht öffentlichen Straßen vorgesehen. In der technischen Umsetzung handelt es sich bei den Einsatzszenarien der unbemannten Fahrzeuge um Formationsfahrten oder Folgefahrt-Szenarien auf der Autobahn, für die in der Vergangenheit bereits Forschungsvorhaben durchgeführt wurden, so dass eine technische Realisierung möglich ist.
Unbemannte Fahrzeuge mit den dargestellten Funktionsweisen können deutliche Sicherheitssteigerungen für Betriebsdienstmitarbeiter bieten. Eine erste Abschätzung ergab, dass 70 % der Mitarbeiter, welche in AkD auf Autobahnen beim Aufenthalt in Fahrzeugen verunglücken, durch den Einsatz unbemannter Arbeitsstellensicherung verhindert werden können. Dies entspricht rund der Hälfte der insgesamt in fremdverschuldeten Unfällen in AkD auf Autobahnen verunglückten Mitarbeiter.
Allerdings besteht zur Klärung technischer und rechtlicher Fragestellungen für die Realisierung unbemannter Sicherungsfahrzeuge deutlicher Forschungsbedarf, insbesondere bezüglich der Prognose und frühzeitigen Detektion von Fehlfunktionen. Die aktuelle Rechtslage in Deutschland ermöglicht bisher nur Sondergenehmigungen für automatische Fahrzeuge im öffentlichen Straßenverkehr. Für den Einsatz der beiden vorgeschlagenen Systeme ist eine Genehmigung für den regulären Betrieb im täglichen Einsatz notwendig. Hierzu sind zahlreiche rechtliche Fragestellungen noch ungeklärt. Somit kann die Implementierung unbemannter Sicherungsfahrzeuge im Betriebsdienst als umfassendes Pilotprojekt für unbemanntes Fahren im Allgemeinen bzw. für den Einsatz in anderen Branchen dienen. Der geschlossene Anwenderkreis des Betriebsdienstpersonals könnte ein ideales Testfeld unbemannter Fahrzeuge sein. Somit wird empfohlen, die Forschung und Entwicklung unbemannter Sicherungsfahrzeuge aktiv voranzutreiben.