Beschreibung
"Selbst an meinem fünfzigsten Geburtstag war ich noch unsterblich, danach plötzlich nicht mehr." Von der Vergänglichkeit, vom Leben und Sterben, von der Hinfälligkeit allen Da-Seins, sowie einem darin leidenschaftlich nach Verortung suchenden Ich handelt das neue Buch der Schriftstellerin, Malerin und Musikerin Bianca Döring. In einer Collage aus Beobachtungsfetzen, Erinnerungen, zwischenmenschlichen Szenen, inneren Bildern und Reflexionen bewegt sich der Text entlang einer angedeuteten Erzählung, ohne je vorzugeben, er wisse irgendetwas von seinem Thema, dem er sich aus unterschiedlichsten Blickwinkeln zuwendet. Die Mutter, die Schwester, die Freundin, der Lebensgefährte, Bekanntschaften, Ärzte, Autoschrauber, Schüler, Galeristen, sie alle haben immer das Thema im Gepäck, "Die Katastrophe, die nie mehr weg geht". In einer eindringlichen Mischung aus Melancholie, leisem Witz und Kompromißlosigkeit gelingt es Bianca Döring, uns hineinzuziehen: "Sollte man diese schwerwiegenden Täler in einem italienischen Café bei Hundegebell überhaupt betreten, oder sind sie überhaupt garnicht schwerwiegend, weil sie sind ja allerweltswiegend täglichkeitswiegend überallwiegend notwendigwiegend und himmelschreiend. (.) und wo ist überhaupt das einstige Smaragd des Sees hingeschmolzen?"
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Autorenportrait
Bianca Döring, geboren in Schlitz/Vogelsberg, lebt in Berlin. Sie studierte Germanistik, Musik, Polytechnik und Erziehungswissenschaften in Trossingen, Marburg und Kassel. Künstlerische Tätigkeit in den Bereichen Theater, Performance, Musik, Malerei und Literatur. Döring erhielt mehrere Stipendien und Preise (u.a. Martha-Saalfeld-Förderpreis, Solitude-Stipendium), sie ist Mitglied des PEN-Zentrum Deutschland. Zehn Buch-Veröffentlichungen (Erzählungen, Lyrik und Romane).
Rezension
Bianca Dörings Text bewegt sich auf sozusagen vermintem Gelände, in einem Feld, das meist als anstrengend empfunden wird und auf dem sich dann doch alle, eher ungern als gern, bewegen müssen. Und er bearbeitet dieses Feld mit einer sehr lebendigen, farbigen, widerständigen Sprache. Bis in den Satzbau hinein ist ein Aufbäumen, ist die Entschlossenheit spürbar, dem Unausweichlichen wenigstens auf dem Papier etwas entgegen zu setzen, Paroli zu bieten. - Martin Zingg
Was Bianca Döring uns über das Altern berichtet, ist weit jenseits aller Trostbüchlein und optimistischen Versprechungen ewiger Jugendlichkeit angesiedelt. Sie spricht von der existentiellen Erschütterung, die sie durch das Altern erfährt, von der Unfassbarkeit jener körperlichen und seelischen Prozesse, die uns erbarmungslos unsere Vergänglichkeit bewusst machen, mit jedem Jahr mehr. In ihrer einzigartigen poetischen Sprache führt die Autorin uns an das Unvermeidliche heran.
- Natascha Wodin
Bianca Dörings Text geht an die Grenze des Erträglichen. Deshalb finde ich ihn richtig: es nervt mich nämlich (worüber Döring hier so minutiös schreibt), dass Menschen schwer altern müssen, sterben müssen, um mich herum und in mir, es sprengt stellenweise die Grenzen des Aushaltbaren. Und es bestürzt mich seit meiner Kindheit, dass wir "ich" lernen, um es dann wieder mühsam aufzugeben; auch davon spricht dieses Buch. Die höheren Erkenntnisse der Physik, wer weiß, oder der Religionen oder der Philosophien wissen da weiter. Dieser Text aber bringt all den Jammer über das Altern und den Verfall, den wir in uns haben in eine unverwechselbare Sprache. Ich finde ihn auf seine Art schonungslos. Und er kommt ohne gefällige Erzählform aus - hat dieses Leben, das in den Tod hineinläuft etwa eine gefällige Erzählform?
– Lioba Happel
Wiegen und wiegen wie ein Kind in den Schlaf gesungen wird, ja gesungen, denn die sie weiß zu singen in der Sprache und mit den Noten, so in den Wesendonck-Liedern, die sie mit ihrem sinnlichen Mezzo in eine andere Welt verwandeln kann. Wagner ist immer auch Tod, ist Todessehnsucht und Erfüllung. So auch in dieser Prosa. In manchem hört man den Klang von Else Lasker-Schüler und auch Emile Ciorans Todessätze. Das Älterwerden ist keine Symphonie.
– Matthias Buth, 2019
Die in Berlin lebende Sängerin, Malerin und Schriftstellerin Bianca Döring scheint sich diese Aufgabe auch gar nicht gestellt zu haben. Ihr geht es nicht um Einfallsreichtum, sondern um Empfindlichkeit, nicht um originelle Erkenntnisse, sondern um das aufrichtige Selbstgespräch über das Alter als Krankheit zum Tode.
– Jan Koneffke, Berliner Zeitung, 18. Juli 2019
Im Mangoschatten" […] ist eine Auseinandersetzung mit dem Altern, dem Sterben und dem Tod, eine Erzählung, die ebenso radikal wie poetisch mit dem Thema umgeht. […] ein eindringlicher existentieller Text über die "Katastrophe, die nie mehr weg geht". Das so gar nicht unterhaltsame Thema, das sich ihr in den Weg stellt, meistert sie, indem sie ihre Gefühle zu Wort kommen lässt und eine Sprache mobilisiert, die den Protest und den Einspruch gegen das Unausweichliche formuliert und damit Widerstand leistet.
– Harry Oberländer, Faust Kultur 7. Oktober 2019
Es gehört ohne Überstreibung zur besten Prosa, die ich in den letzten Jahren gelesen habe. Das Buch ist traurig, ehrlich, schonungslos – und brilliant geschrieben.
– Jürgen Brocan, Fixpoetry 16. Dezember 2019
Leseprobe
Eine goldene Mango, riesig, dieser Duft! Und im Schatten der Mango irgendein Insekt, ganz starr. Es ist tot, die Beinchen an die Mango geklammert. Schmerzen im Kreuz Schmerzen daß es beißt Schmerzen tief im Bauch ach selbst als ich zwanzig war schon so schlimmer Kreuzkummer so schlimmer Sorgenbauch, und jetzt mein brennender Schädel samt Rücken nämlich frißt sich in die Matratze rein und macht, daß die Matratze in Flammen steht. Feuerbett. Migräne, Sonderform, harmlos, aber. Wird schlimmer mit den Jahren. Der Schmerz, er springt in die Sprungfedern, in die kleinen kurzen Beine des Bettes, sogar zieht er in die Fensterrahmen, in die Sukkulenten auf dem Fensterbrett, selbst in die Luft, da ist er am schlimmsten. Wächst über mich hinaus, Mysterium, verwandelt sich, zeigt sein wahres Gesicht, seine unfaßliche Dimension aus Gottheit und Sakrament und Liebe und Vernichtung und ist ein Diamant, ein Traum, eine Zelebration, ein Dogma. Und der Körper löst sich hinein in die Gottheit Schmerz, der Körper ein uferloses Magma, und der Geist der Herrscher des Magma, und der wird zugleich vom Magma gefressen und gelöscht, und das Magma ist Anfang und Ende. Als wärs ein Trip, schlechtes Zeug. Oder besonders gutes.