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Buchtipps - Belletristik

„Wenn man die Zeit als Ganzes begreifen könnte, würde man sehen, dass die Vergangenheit bestehen bleibt und nicht im Rückspiegel verschwindet.“  In einem Vorort von New York steigen 1985 drei Teenager in ein Auto - und nichts ist mehr wie zuvor. Zwei Familien, deren Wege sich nur zweimal kreuzen, werden auf tragische Weise miteinander verbunden.  Ein wunderbar vielschichtiger, emotionaler und spannender Roman, der nachdenklich stimmt.

Ein kleines, dünnes Buch, aber sehr intensiv.  In der Coronazeit ziehen zwei Paare und fünf Kinder, zwischen drei und neun Jahren, von der Stadt in den Wald. Das ist kein Urlaub, sondern dauerhaft. Das blaue Haus in einem Tal in Kanada, wird ihr neues, enges Zuhause. Alle lernen die Kraft und Schönheit der Natur kennen. Es geht ständig rund; fünf Kinder lernen die Sprache der Wildnis, erleben wunderbare und traurige Ereignisse, lernen über Leben und Tod.

Ein raffiniert komponierter Roman aus den Niederlanden. Drei Personen, Mari, Tarik und Ahmad beschreiben ihr Leben, in dem sie nicht so recht weiter wissen. Ahmad ist vor dem Krieg in seiner Heimat in die Niederlande geflohen. Mari wollte ihn beschützen und lieben, ist aber gescheitert und reist als Archäologin nach Syrien. Dort lernt sie den ehemaligen Soldaten Tarik kennen, der sich in das abgelegene Grenzgebiet zurückgezogen hat. Drei Leben auf fatale Weise miteinander verflochten, psychologisch beschrieben, tiefgehend und berührend.  

Ein Pageturner! 500 Seiten lesen sich schnell weg. Die Frau kann schreiben! Im neuen Buch der Booker-Preisträgerin Eleanor Catton prallen Welten aufeinander. Eine Guerilla-Gardening-Gruppe und ein mysteriöser, charismatischer Milliardär ohne Moral. Nach und nach kommt heraus, dass der Milliardär sich einen gigantischen Bunker bauen will, in Wirklichkeit aber ganz andere Interessen dahinter stecken. Die ganze Situation spitzt sich immer mehr zu bis zum gnadenlosen Ende… Extrem spannend.

Im Dankesnachwort schreibt Elizabeth Graver „obwohl Kantika ein Roman ist, habe ich mit der Grenze zwischen Fakt und Fiktion gespielt und mich auf die Erfahrungen realer Personen gestützt“. Graver hat hiermit ihrer Großmutter Rebecca Cohen ein Denkmal gesetzt und ein halbes Jahrhundert jüdischer Geschichte aus deren Sicht geschildert mit den Stationen Konstantinopel, Barcelona, Havanna und New York. Eine opulente Familiengeschichte  mit Tiefgang und einer starken Frauenpersönlichkeit. Absolut lesenswert.

Es sind die neunziger Jahre in Italien. In den Kneipen wird geraucht, an den Tankstellen wird man bedient. Alex Capus bezieht ein einsam stehendes Steinhaus am Sonnenhang eines Weinbergs. Dort verbringt er als angehender Schriftsteller viel Zeit, um seinen ersten Roman zu  schreiben. Dies ist eine nostalgische Erinnerung an eine vergangene Zeit mit Münztelefon und ohne Internet.  Er setzt sich autobiographisch mit dem Prozess des Schreibens auseinander: „Auch Schriftstellerinnen und Schriftsteller können nur erzählen, was sie in sich haben“.

Norwegen: Als Juni beschließt ihren Mann zu verlassen und über ihre ungeplante Schwangerschaft nachzudenken, flieht sie auf die Insel ihrer Kindheit. Im Haus ihrer Großeltern stößt sie plötzlich auf ein Foto, das ihre Großmutter mit einem deutschen Soldaten zeigt. Mit Hilfe des Nachbarn Georg stellt sie Nachforschungen an und reist sogar nach Deutschland, um Antworten zu finden. Trude Teige gelingt aus ihrem Blickwinkel ein großartiger Roman über Deutsch-Norwegische Geschichte.

Henrietta, 32, Berufsbezeichnung „gescheiterte Bibliothekarin“, hat endlich eine Arbeit gefunden, bei der sie stoisch vorgehen kann. Beim Projekt Lebensbuch schreibt sie die Lebensgeschichte kranker Menschen auf. Als Vorlage dienen Fragebögen und genau definierte Lebensabschnitte. Als Hen Annie ( Mitte 60) kennenlernt muss sie erkennen, dass deren Geschichte nicht so einfach in ihre Vorgaben zu pressen ist. Die beiden freunden sich an und ein Rätsel möchte Hen unbedingt lösen. Was geschah mit Annies verschwundener Schwester?

Der Roman versetzt uns zurück ins 16.Jahrhundert. Im Mittelpunkt steht Lucrezia von Medici. Gerade 16 Jahre alt, verstirbt sie nach noch nicht einmal einem Jahr Ehe mit dem Herzog Alfonso II. von Ferrara auf mysteriöse Weise. Gerüchten zufolge wurde sie vergiftet, weil sie den heiß ersehnten Erben noch nicht geboren hat. Die Autorin beschreibt das Leben Lucrezias unglaublich fesselnd und in einer wunderschönen Sprache, zudem lässt sie sich ein Ende einfallen, das freudig überrascht!

Und es gibt sie doch, die eine große Liebe, zumindest für Clara und Elias. Beide haben schon einige Beziehungen gehabt, nie waren sie mit ihren Partnern so richtig glücklich. So treffen sie aufeinander, am Anfang skeptisch, zumal Clara älter ist als Elias. Als sie endlich die Erkenntnis zulassen, dass sie wie zwei auseinandergebrochene Hälften zusammengehören, stellt sich ihnen das Schicksal bitterböse in den Weg. Aber es lohnt sich, bis zum Ende durchzuhalten!