Beschreibung
Kriegs- und Wehrmachtpfarrer waren an allen Feldzügen des Zweiten Weltkriegs beteiligt. Im Krieg gegen die Sowjetunion wurden sie Zeugen von Massenverbrechen an Juden und anderen Zivilisten sowie an den sowjetischen Kriegsgefangenen. Gestützt auf zahlreiche Quellen, unter anderem auf Tagebücher von evangelischer und katholischer Seite, geht Dagmar Pöpping der Frage nach, wie diese Geistlichen, die dem Gebot der Nächstenliebe verpflichtet waren, Teil eines militärischen Apparates werden konnten, der einen brutalen Vernichtungskrieg gegen die Sowjetunion führte, während sie selbst den Krieg im Gefühl moralischer Unschuld, ja sogar einer besonderen moralischen Leistung erlebten.Ein Schwerpunkt der Studie liegt auf der Doppelrolle der Kriegspfarrer als Offiziere der Wehrmacht auf der einen Seite und als Geistliche ihrer Kirchen auf der anderen. Diese Rolle verschaffte den Kriegspfarrern das Bewusstsein innerer Unabhängigkeit, die es ihnen rückblickend sogar erlaubte, sich mit Blick auf die im Nationalsozialismus bedrängten Kirchen als Opfer des Nationalsozialismus oder sogar als Teil des Widerstandes gegen den NS-Staat zu stilisieren. Ein zweiter Schwerpunkt liegt auf der theologischen Interpretation des Ostkrieges als Kampf gegen den "gottlosen Bolschewismus". Diese Sichtweise ermöglichte es den Kriegspfarrern den Angriff auf die Sowjetunion nicht als nationalsozialistischen Vernichtungskrieg wahrzunehmen, sondern als einen christlichen Feldzug zu legitimieren.
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Autorenportrait
Dr. Dagmar Pöpping ist wissenschaftliche Mitarbeiterin bei der Forschungsstelle für Kirchliche Zeitgeschichte mit Sitz an der LMU München.
Rezension
Dagmar Pöpping analysiert die Erfahrungen evangelischer und katholischer Kriegs- und Wehrmachtpfarrer, die im Auftrag des NS-Staates in den Ostkrieg zogen, um die Soldaten der Wehrmacht psychologisch auf den erbarmungslosen Kampf gegen den Bolschewismus einzustimmen. Im Laufe dieses Krieges, der für die Deutschen immer verlustreicher wurde, waren die Kriegspfarrer zunehmend damit beschäftigt, den massenhaften Tod ihrer Kameraden mit Sinn zu füllen. An die Grenzen ihrer Möglichkeiten zur Sinnstiftung gerieten die Geistlichen, als sie Zeugen von Massenverbrechen an der Zivilbevölkerung sowie an kriegsgefangenen Soldaten der Roten Armee wurden.
Kriegspfarrer an der Ostfront erlebten den Vernichtungskrieg im Gefühl hoher moralischer Integrität, begründet in ihrer sozialen Rolle innerhalb der Wehrmacht und ihrer Fähigkeit zur theologischen Transformation des Kriegserlebens.
Leseprobe
Dagmar Pöpping analyzes the experiences of Protestant and Catholic military chaplains who were sent on behalf of the Nazi state to the eastern front to provide psychological support to soldiers in the relentless fight against Bolshevism. During the war, which became ever more costly for the German Wehrmacht, the military chaplains became increasingly engaged with trying to find meaning as so many of their comrades died. As witnesses to mass crimes against both civilians and Red Army prisoners of war, they found themselves challenged to the very limits of their capacity to make sense of what was going on around them.>