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Das Gesundheitssystem der USA

Governance-Strukturen staatlicher und privater Akteure, Schriften des Zentrums für Sozialpolitik 23, Schriften des Zentrums für Sozialpolitik, Bremen 23

Erschienen am 14.02.2011, 1. Auflage 2011
39,00 €
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Bibliografische Daten
ISBN/EAN: 9783593392738
Sprache: Deutsch
Umfang: 259 S.
Format (T/L/B): 1.8 x 21.3 x 14 cm
Einband: Paperback

Beschreibung

Mirella Cacace beschreibt die Entwicklung des USamerikanischen Gesundheitssystems von den 1930er Jahren bis heute und erklärt den Wandel mithilfe der neuen Institutionenökonomie. Es zeigt sich, dass das System - entgegen der Idee von den "freien Märkten" - eine immer stärkere Steuerung erfahren hat. Bemerkenswert ist dabei, dass nicht nur staatliche, sondern vor allem private Akteure hierarchische Governance-Strukturen etablierten und der Staat sich nur langsam einen Platz in der Gesundheitspolitik erschließt.

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Autorenportrait

Mirella Cacace ist Dipl.-Volkswirtin und Expertin für das amerikanische Gesundheitssystem.

Rezension

Schriften des Zentrums für Sozialpolitik, Bremen

Leseprobe

1 Einleitung Die amerikanische Gesellschaft erlebt derzeit ökonomische, politische und gesellschaftliche Veränderungen, wie sie noch vor wenigen Jahren kaum ein Beobachter für möglich gehalten hätte. Auch in der Gesundheitspolitik erlaubte die ökonomische Krisensituation, die einen steigenden Anteil der Bevölkerung un- oder unterversichert ließ, über Alternativen zum bestehenden System nachzudenken. Verstärkt durch die Arbeit einer Vielzahl politisch motivierter Organisationen und Einzelpersonen, wie beispielsweise des Commonwealth Fund oder des jüngst verstorbenen Senators von Massachusetts Ted Kennedy, ist der Reformdruck auf die amerikanische Regierung zuletzt enorm gestiegen. Im Frühjahr 2010, nach zähem Ringen, gab der Kongress der Vereinigten Staaten grünes Licht für die Gesundheitsreform, die in ihren wesentlichen Punkten eine Erweiterung des Krankenversicherungsschutzes, eine stärkere Regulierung der privaten Versicherer und die Verbesserung der Performanz des Gesundheitssystems erreichen soll. Ist damit nun ein Systemwechsel erfolgt? Wie weit sind die USA überhaupt von einem umfassenden und solidarisch finanzierten Krankenversicherungssystem nach europäischem Vorbild - von seinen Gegnern als socialized medicine diskreditiert - entfernt? Sind die Amerikaner schon auf dem besten Weg dahin, wie die New York Times bereits im Dezember 2006 behauptete? Ein erstes Ziel dieser Arbeit ist die Beantwortung dieser Frage anhand wissenschaftlicher Kriterien unter Berücksichtung des historischen Kontexts. Der Fokus liegt dabei auf der Dimension der Regulierung des amerikanischen Gesundheitssystems, die im Unterschied zur Finanzierung und Leistungserbringung bislang nur wenig systematisch untersucht ist. Ebenfalls in Abgrenzung zur bisherigen Forschung, die sich vorwiegend auf den Staat als öffentlichen Akteur und Initiator staatlicher Reformen konzentriert, fügt die hier angewendete Perspektive die Rolle privater Akteure in der Steuerung hinzu und erlaubt somit eine deutlich umfassendere Konzeption der Regulierung eines Gesundheitssystems. In Anlehnung an Oliver Williamson unterscheidet das Konzept zudem die Governance-Strukturen wettbewerblicher Interaktionsformen von langfristigen Verträgen und schließlich hierarchischen Formen der Steuerung. Durch die kombinierte Betrachtung von Akteuren und Interaktionsformen und deren Veränderungen im Zeitablauf wird der deskriptive Teil dieser Arbeit der Anforderung gerecht, Wandel in der Regulierung des amerikanischen Gesundheitssystems im Zeitablauf möglichst vollständig zu beschreiben. Die zweite Zielsetzung ist, den Wandel von Governance-Strukturen aus institutionenökonomischer Perspektive zu erklären. Bislang bieten vorwiegend politikwissenschaftliche und soziologische Arbeiten Ansätze zur Erklärung von Wandel im amerikanischen Gesundheitssystem, sei es in Form von Einzelfallstudien (vgl. Brown 1992; Hacker 2002; 2005; Steinmo/ Watts 1995; Kronenfeld 1997; 2002) oder im international vergleichenden Kontext (Tuohy 1999; Giaimo/Manow 1999; Ruggie 1996; Hacker 2004a). Aus ökonomischer Sicht sind diese Zusammenhänge bislang nicht hinreichend erforscht. Eine ökonomische Theorie, welche diesen Erklärungsbeitrag leisten kann, muss sich mit den Institutionen des Gesundheitssystems beschäftigen, welche als rules of the game menschliches Handeln leiten (North 1990a: 3; Ostrom 1990: 7). Die Neue Institutionenökonomie (NIÖ) bestehend aus der Theorie der Eigentumsrechte, der Principal-Agent Theorie und der Transaktionskostentheorie, bietet dafür einen interessanten theoretischen Ansatz. Im Gegensatz zur neoklassischen Ökonomie, die Institutionen weitgehend als black box ausblendet, gewinnt die NIÖ gerade aus dieser Betrachtung ihr Erkenntnisinteresse (vgl. Williamson 1985: 15; Dixit 1996: 9; Ebers/Gotsch 1992: 207). Sie dient dieser Arbeit deshalb als primärer Erklärungsansatz. 1.1 Methodische Vorgehensweise und Kernhypothesen Aus methodischer Sicht gründet diese Arbeit auf einer deskriptiven Fallstudie zur Regulierung des amerikanischen Gesundheitssystems. Die Fallstudie fußt im Wesentlichen auf von der Autorin durchgeführten Experteninterviews sowie auf Sekundärliteratur, einschließlich der relevanten Fachzeitschriften. Ferner wurden die nationalen Statistiken der Centers for Medicare and Medicaid Services (CMS) sowie die Gesundheitsdaten der OECD (OECD Health Data 2009, Version 30.06.09) als Datenquellen herangezogen. Die leitfadenbasierten Experteninterviews führte die Autorin im Rahmen mehrere Forschungsaufenthalte in den USA zwischen den Jahren 2006 und 2009 durch. Befragt wurden Entscheidungsträger in Politik und Wirtschaft mit besonderer Kenntnis des amerikanischen Gesundheitssystems. Ferner ergänzten enge Kontakte zu zahlreichen Universitäten in den USA sowie die Zugehörigkeit zu internationalen Netzwerken aus Forschung und Praxis, der European Health Policy Group (EHPG) und des Anglo-American Health Policy Network (AAHPN), das zusammengetragene Material. Die Experteninterviews liegen der Autorin in protokollierter Form vor. Eine Liste der Interviewpartner findet sich im Anhang. Eine weitere Bereicherung erfuhr die Datengrundlage durch einen einjährigen USA-Aufenthalt der Autorin im Rahmen des Harkness Fellowship des Commonwealth Fund, absolviert 2008/09 an der Columbia University in New York. Das Programm ermöglichte weitere Gespräche und Diskussionen mit Entscheidungsträgern aus Politik und Wirtschaft. Die aus dieser Datensammlung hervorgehende Fallstudie beschreibt den Wandel von Governance-Strukturen beginnend mit den Anfängen der Krankenversicherung in den USA der dreißiger Jahre und endet in der Gegenwart. Soweit möglich, geht sie auch auf die jüngste, im Frühjahr 2010 verabschiedete, Gesundheitsreform ein. Eine wesentliche Beobachtung der Fallstudie ist, dass gemischte wettbewerbliche und hierarchische Governance-Strukturen entstehen, getragen von privaten und staatlichen Akteuren. Staatlich-hierarchische Steuerungsinstrumente stehen in einem privaten Gesundheitssystem nur eingeschränkt zur Verfügung. Private Akteure, vor allem in Managed Care, bilden funktionale Äquivalente und etablieren hierarchische Governance-Strukturen. Diese Beobachtung gilt es unter Anwendung der NIÖ mit den folgenden Hypothesen zu erklären. Die NIÖ postuliert, dass Wirtschaftssubjekte Governance-Strukturen zielgerichtet wählen, um ihre Austauschbeziehungen effizienter zu gestalten. Die Kernhypothese dieser Arbeit lautet, dass Wandel in der Regulierung des amerikanischen Gesundheitssystems als direkte Reaktion auf systemimmanente Defizite des privaten Gesundheitssystems zu verstehen ist. Wandlungsprozesse lassen sich daher auf die Inferiorität einer rein marktmäßigen Interaktion gegenüber einem Set aus gemischten Formen der Koordination und Kontrolle entlang eines Spektrums von öffentlich zu privat zurückführen. Diese Kernhypothese spezifiziert sich durch drei Unterhypothesen: In einem Gesundheitssystem des privaten Typs führt Wandel zu stärker hierarchischen Strukturen. Hierarchische GovernanceStrukturen wirken den systembedingten Defiziten eines privaten Gesundheitssystems entgegen und erhöhen damit aus institutionenökonomischer Sicht dessen Effizienz (Hypothese 1). Private Akteure bilden funktionale Äquivalente zu hierarchischen GovernanceStrukturen aus eigennützigen Motiven, zum Beispiel um sich besser zu stellen und Effizienzgewinne zu realisieren. Sie nehmen wahr, dass sie dadurch Transaktionskosten senken können (Hypothese 2). Es gibt keinen Königsweg, der alle Koordinationsprobleme simultan löst. Vielmehr sind GovernanceStrukturen immer nur relativ effizient, das heißt bezogen auf ein bestimmtes Problem und im Vergleich mit möglichen Alternativen. Aus der Perspektive des Gesamtsystems ist die effizienteste Antwort deshalb nicht eine einzige, sondern ein hybrider Mix aus GovernanceStrukturen. Aus diesem Grund führt Wandel zu einer Hybridisierung von GovernanceStrukturen (Hypothese 3). ...

Inhalt

Inhalt 1 Einleitung9 1.1 Methodische Vorgehensweise und Kernhypothesen11 1.2 Stand der Forschung13 1.3 Vorbemerkungen zum amerikanischen Gesundheitssystem15 1.4 Konzeptionelle Vorüberlegungen18 2 Das Gesundheitssystem der Vereinigten Staaten von Amerika23 2.1 Formen der Absicherung gegen Krankheitsrisiken24 2.2 Übersicht über das amerikanische Gesundheitssystem26 2.3 Die private Krankenversicherung31 2.4 Die öffentlichen Programme: Medicare, Medicaid und das Children''s Health Insurance Program43 2.5 Zugangswege zu Versicherungsschutz63 2.6 Die Situation der Un- und Unterversicherten65 3 Die Neue Institutionenökonomie als theoretischer Untersuchungsrahmen72 3.1 Die Neue Institutionenökonomie als Erklärungsansatz73 3.2 Definitionen zentraler Begriffe in der Neuen Institutionenökonomie77 3.3 Theorie der Eigentumsrechte81 3.4 Principal-Agent Theorie82 3.5 Anreizstrukturen in Gesundheitssystemen 92 3.6 Transaktionskostentheorie103 3.7 Schlussbemerkung zum theoretischen Ansatz114 4 Wandel von Governance-Strukturen in der Regulierung des amerikanischen Gesundheitssystems116 4.1 Staatliche und private Akteure der Regulierung117 4.2 Wandel in der Regulierung der Privatversicherung138 4.3 Wandel in der Regulierung von Medicare154 4.4 Wandel in der Regulierung von Medicaid165 4.5 Fazit169 5 Institutionenvergleich zur Erklärung des Wandels von Governance-Strukturen173 5.1 Das Kriterium der Effizienz aus institutionenökonomischer Perspektive175 5.2 Erklärungszusammenhang176 5.3 Der private Gesundheitssystemtyp178 5.4 Institutionenvergleich der Entstehung der privaten Krankenversicherung in den USA183 5.5 Erklärung der Arbeitgeberversicherung unter Transaktionskostengesichtspunkten190 5.6 Einführung von Medicare und Medicaid198 5.7 Erklärung der Entstehung von Managed Care im amerikanischen Gesundheitssystem204 5.8 Institutionenökonomische Erklärung des Managed Care-Backlash214 5.9 Zusammenfassung220 6 Ergebniszusammenfassung und Ausblick224 Liste der Interviewpartner228 Abkürzungen230 Tabellen233 Abbildungen235 Literatur237

Schlagzeile

Schriften des Zentrums für Sozialpolitik, Bremen

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