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Tröstliche Tropen

Albert Schweitzer, Lambarene und die Westdeutschen nach 1945, 2 Tle, Psyche und Gesellschaft

Erschienen am 15.01.2023, 1. Auflage 2023
69,90 €
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Bibliografische Daten
ISBN/EAN: 9783837929942
Sprache: Deutsch
Umfang: 845 S.
Format (T/L/B): 5.8 x 21 x 14.9 cm
Einband: kartoniertes Buch

Beschreibung

Albert Schweitzer war eine Kultfigur, ein ethischer Popstar der jungen Bundesrepublik. Tausende Schulkinder schrieben Briefe an den 'Urwalddoktor', hunderte Straßen wurden nach ihm benannt. Sein legendäres Spital 'Lambarene' in Afrika avancierte zum symbolisch aufgeladenen Ort eines Heilungsgeschehens. Exemplarisch zeigt sich gerade am Mythos von 'Lambarene' eine Suche nach der Bewältigung untilgbarer Schuld, entstanden durch die Shoah. Caroline Fetscher beleuchtet diesen zentralen Aspekt der Großgruppenpsyche der Bundesdeutschen nach 1945 (Teil I). Im Kontrast dazu erkundet die Autorin das reale, zeithistorische Lambaréné in Äquatorialafrika (Teil II). Erst die postkoloniale Perspektive offenbart vollends die Kluft zwischen Fiktion und Faktizität. Deutlich wird die enorme Dynamik der Projektionen auf ein imaginäres Afrika.

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Hersteller:
Psychosozial-Verlag
vertrieb@psychosozial-verlag.de
Walltorstr. 10
DE 35390 Gießen

Inhalt

Teil I: Das fiktive Lambarene Prolog »Wir sind Deutsche und kein Kolonial-Volk« 1949: Drei Festakte, drei Kontinente Einleitung Albert Schweitzer, Lambarene und die Deutschen nach 1945: Genese und Gebrauch einer kollektiven Erzählung Biografisches Das Phänomen Eine »absolute Person der Zeitgeschichte« Rezeptionsreste und Neuansätze Quellenfülle, Rezeptionsdaten, Namenspate »Ein guter Arzt« für die Deutschen Lambarene als »Sehnsuchtsort« Im Land der mentalen Trümmer Material und Methode Frühe Kritik Studienaufbau 1 Transatlantische Allianzen Albert Schweitzer auf dem Goethe-Festival in Aspen/Colorado, 1949 Gesucht: Ein guter Deutscher Pläne für das Aspener Goethe-Bicentennial Gefeiert: »A good German« Von Afrika nach Aspen Schweitzers Ankunft in den amerikanischen Medien Helene Schweitzers Rolle Aspens Schweitzer und Schweitzers Goethe Schweitzers Goethe-Rede Dunkle Mächte, dämonische Menschen Ikonografie einer Tafelrunde 2 Kolonisierte Deutsche Ressentiments und Dilemmata im ethischen Notstandsgebiet Schicksalsuhr und Stunde Null Deutsche Dilemmata Trizonesier: Drangsalierte Eingeborene Der Fragebogen, 1951 Alltag in Abwehr Leiden am eigenen Los: Draußen vor der Tür (Re-)Agieren nach 1945 Instanzenlücke und Remoralisierung 3 »Ein Goethemensch feiert Goethe« Von Afrika über Aspen nach Deutschland 1949: Eine Parallelaktion Weimar, Schweitzer und Lambarene nach 1949 Die Spur des Aspener Schweitzer wird manifester »Wallfahrt zu Goethe« Goethe-Rekonstruktion mit und an Schweitzer: Stationen einer Parallelaktion Goethe und Schweitzer als Aufbauhelfer Von Lambarene nach Weimar Goethe und Schweitzer in Frankfurt am Main, 1949 Schweitzers Selbstparallelisierung mit Goethe Die Vaterlücke 4.1 Westdeutschlands tropischer Arztroman Etappen metaphorischer Transformation des Narrativs »Lambarene« beim erwachsenen Publikum nach 1945 Anrufung des großen Doktors Lambarene wird neu erfunden Rückkehr aus dem Urwald Der im »Dritten Reich« vermeintlich verbotene Denker Lambarene als Hintergrund-Szenario Hagiografie und Deutungshoheit Auf dem Weg zur wirkmächtigen Überhöhung Frühe Lambarene-Zeitzeugen Der Urwalddoktor von Lambarene, 1947 Das Spital im Urwald, 1948 Amerikanische Pilger beim Dschungel-Heiligen, 1948 Albert Schweitzer als Mensch und als Denker, 1949 Rudolf Grabs und Emil Lind: Publizistische Wegbereiter Menschenfreund in Lambarene, 1950 4.2 »Ziele eines edlen Menschentums« Von Bildbänden bis Massenpresse: Das populäre »Lambarene« der 1950er Jahre konstituiert sich »Psychologisch schwer leidendes Gebiet«: Schweitzer und der Friedenspreis des Deutschen Buchhandels, 1951 Der »Menschenfreund«: Albert Schweitzer und Du, 1954/55 Hybride Bilderwelten in der bundesdeutschen Massenpresse, 1954/55 Das Genie der Menschlichkeit »baut Lambarene«, 1955–1957 1960 »entwächst dem Urwaldchaos eine Ordnungswelt« 4.3 Lambarene – reloaded and decoded Unterwegs in semantischen Kammern der Nachkriegs-Tropen: Ein Deutungskatalog als Schlüsselbund zur Lambarene-Symptomatik Das Lambarene-Narrativ: Leitmotive und Kernmerkmale Ein politisierter, allerdings zu frommer Urwalddoktor: Der DDR-Schweitzer Eine neue und politische Arzt-Ikone in den Tropen: Che Guevara 4.4 »Kleine Mulatten mit weißen Seelen« Eine wohltägige Initiative der Nachkriegsjahre: Das »Dr. Albert Schweitzer-Kinderheim« in Wermelskirchen 5.1 »Jedes Lebewesen sucht bei Ihnen im Urwald Schutz« Ein moralisches Angebot: Kinder und Jugendliche schreiben an Albert Schweitzer in Lambarene Kinder- und Jugendbriefe als Quellen Archivfunde Publizierte Kinderbriefe Jugend ohne Jugend Schweitzer als Namenspate von Schulen Imaginierte Reziprozität, erhoffte Erlösung Lehrer und Schulen in den Nachkriegsjahren Bedrohliche Eltern und Dilemmata der Nachkriegskinder 5.2 Der »Oganga« Albert Schweitzer und »Lambarene« als Stoff für junge Nachkriegsleser Eine Vorgeschichte: »Wir feiern in Afrika den Geburtstag des Führers« »Afrika« im deutschen Kinder- und Jugendbuch Ein Pelikan macht Karriere Ein Hamburger Junge im Urwald, 1952 Entlastende Autorität: Der weiße Oganga, 1954 Mütterlicher Vater der Waisen, 1954 Ein Mann der guten Tat und Herr Ojembo, 1955 An den Ufern des Ogowe mit dem Ojembo der DDR, 1956 Kompensatorische Subtexte der Kinder- und Jugendbücher Lambarene und Serengeti: Die Causa Grzimek 5.3 Georges Oyémbo Facetten einer afrikanischen Biografie hinter der Fiktion des »Ojembo aus Lambarene« Schweitzers Ojembo, der Urwaldschulmeister »Ojembo« lebt fiktiv weiter »Ojembo« und Oyémbo Le Maître Oyémbo Teil II: Das zeithistorische Lambaréné 6.1 Robert Hamill Nassau Lambaréné, Insel im Strom des Kolonialismus: Zur Geschichte eines »geschichtslosen« Ortes in Äquatorialafrika, 1874–1899 Im tropischen Niemandsland Eine Kleinstadt im Regenwald Gründung einer Missionsstation Nassaus Gabun Nguva und das gefährliche Theater am Fluss Lambaréné im Wandel Von Amerikas Ostküste an den Ogowe Adolinanongo, Anhöhe vor der Insel Lambaréné Frankreichs Interesse an Gabun erwacht »Ära Kângwe« Die erste Missionsstation am Ogowe Frühgeschichte der Kolonisierung Gabuns Doppelcharakter der Mission Aus Kângwe wird Andende De Brazza erneut auf dem Ogowe Alleinerzieher am Äquator Eine tropische Patchworkfamilie 1885: Reverend Good übernimmt Kângwe Ende der amerikanischen Missionen am Ogowe Pariser Emissäre inspizieren den Ogowe Aufstände am Ogowe Der Skandal um Nassau und Anyentyuwe 6.2 Félix Ombagho Lambaréné, Insel im Strom des Kolonialismus: Zur Geschichte eines »geschichtslosen« Ortes in Äquatorialafrika, 1892–1917 Variationen einer Eingebung 1915: Ehrfurcht vor dem Leben Die Französisierung von Lambaréné Félix Ombagho aus Igenja Ein französischer Lehrer: Charles Bonzon Eine Korrespondenz Lambaréné–Paris: Élie Allégret und André Gide Die Pariser Missionsgesellschaft Allégrets und Teisserès reisen mit Ombagho durch die Region »La crise douloureuse« Ombaghos Blick auf die Expedition von Allégret und Teisserès Missionsschulen und Kolonialapparat Briefe aus »Französisch-Kongo« Als Internatsschüler in der Schweiz Auslöschung der Familie Lantz und Schweitzers Ruf in die Tropen Im Dschungel revolutionärer Utopie: Maurice Robert Ombagho im Elsass und in Paris »Wäre ich weiß, würde man so nicht mit mir umgehen« Zeitenwende am Ogowe Ombagho verlässt die Region, »Le docteur« landet in Lambaréné Vom Missionar zum Ethnologen: Maurice Leenhardt Ombaghos späte Karriere Die memorierte Landkarte als soziale Matrix 7.1 Albert Schweitzers Afrika Der Weg des Urwalddoktors nach Lambaréné: Anmerkungen zur zeithistorischen Realität von Tat und Ort »Ich kann das Wort Congo nicht mehr hören, ohne zu erzittern« Antichambrieren in der Pariser Mission 1913–1917: Schweitzers erste Jahre vor Ort »Die armen Neger vor den weißen Raubtieren schützen« Administrative Ordnung im Dschungel Interimsphase und zweite Ausreise Ab 1924: Zweite Lambaréné-Phase und Helferkolonnen im Halbdunkel Das Hospital von Lambaréné im kolonialen Kontext Tiere im Urwald-Waisenhaus Adenauer, Apartheid und Schweitzer 7.2 Lambaréné und der Zweite Weltkrieg Jüdische und politisch verfolgte Hospitalmitarbeiter, Charles de Gaulles »bataille de Lambaréné« und Albert Schweitzer zwischen den Fronten Schweitzers Schweigen Helene Schweitzer Victor Nessmann Ladislas Goldschmid Rösli Näf und Emma Ott Roger Le Forestier Heinz Eduard Barrasch Anna Wildikann Richard Friedmann Warum schwieg Schweitzer? Der Zweite Weltkrieg in Lambaréné »Wie im Frieden lebend«: Das befreite Gabun 1940: »Ich beschliesse, den Operationstisch kugelsicher zu machen« 1941: »Wie viel Trost hat mir dieser Spruch gebracht!« 1942: »Viel Bach auswendig gelernt« 1943/44: »Welche Freude, das Spital wieder zu leiten« 1945: Stunde Null in Lambaréné 7.3 Afrikas Albert Schweitzer Afrikanische Rezeption, eine Feldforschung in Lambaréné und »La danse de Gaulle« Spurensuche in Gabun Feldinterviews in Lambaréné Schweitzer als magischer Elefant Joseph N’Dolo und der Aufstand für Bildung Porträts, Parallelzauber und das Schweitzer-Museum von Lambaréné »La danse de Gaulle« in Lambaréné 8 Die Kernfrage Der Friedensnobelpreisträger konfrontiert die Atommächte – und verblasst Oslo, 1954: Schweitzers Worte zu Krieg, Frieden und Vertreibung Nachbeben von Oslo Atomfrage und aufkeimende Kritik Schweitzer wird im Radio aktiv Adenauer in Sorge Lautloser Abschied Schweitzers Ende und ein Objekt am Himmel Epilog Albert Schweitzer und Lambarene: Ein Palimpsest der bundesdeutschen Nachkriegsgesellschaft Der alte Mann und die Mehrheit Plädoyer für ein Verfahren der Defragmentierung Paradebeispiel moderner Mythenbildung Heinz Rühmann als Missionar in Zentralafrika Moralische Referenzgröße Anhang Literatur Archive Abbildungen Dank

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