Beschreibung
Erinnerung verändert sich - fortwährend. Denn sowohl die persönlichen Erinnerungen eines Individuums wie auch die Erinnerungen einer Gemeinschaft sind ein diskursiver Prozess der Gegenwart, bei dem aus der jeweiligen Gegenwart heraus die Vergangenheit thematisiert und rekonstruiert wird. Die vorliegende Studie untersucht zeitgenössische jugendliterarische Darstellungen des >Dritten Reichs< im Spiegel des postmemorialen Wandels. Die Besonderheit jugendliterarischer Darstellungen liegt zum einen in deren intendierter Leserschaft als dritte und mittlerweile schon vierte Generation im Zentrum des postmemorialen Wandels. Zudem lassen sich jugendliterarische Texte als eine kristallisierte Form (erinnerungs-)kultureller Selbstwahrnehmung und Selbstthematisierung verstehen, die in einem starken Spannungsfeld von erwachsenen und jugendlichen Erinnerungsinteressen, -inhalten und -formen steht und stetig zwischen verschiedenen generationellen Diskursen schwankt. Die Autorin legt die spezifischen Dynamiken des postmemorialen Erinnerns offen und zeigt, wie Jugendbuchautoren die Rolle des >Dritten Reichs< im kulturellen Gedächtnis Deutschlands mithilfe einer transnationalen Perspektive neuverhandeln. Die Analyse spezifischer postmemorialer Darstellungsstrategien erfolgt dabei anhand von vier thematischen Schwerpunkten: Verfolgung und Deportation, Deutscher Alltag und NS-Erziehung, Bombenkrieg und Flucht, sowie Generationskonflikt und Spurensuche.
Produktsicherheitsverordnung
Hersteller:
Vandenhoeck & Ruprecht
ute.schnueckel@brill.com
Theaterstraße 13
DE 37073 Göttingen
Autorenportrait
Dr. Britta C. Jung studierte Komparatistik, Amerikanistik und Kunstgeschichte an der Johannes Gutenberg-Universität Mainz und der Rijksuniversiteit Groningen, Niederlande. Von 2007 bis 2011 war sie Ubbo-Emmius-Stipendiatin der Rijksuniversiteit Groningen und promovierte 2015 mit einer gemeinsam von der Rijksuniversiteit Groningen und der University of Limerick, Irland, anerkannten Dissertationsschrift. Seit 2017 ist sie als Stipendiatin des Irish Research Council am UCD Humanities Institute in Dublin tätig.
Rezension
Ausgehend von einer Transnationalisierung der Erinnerung hebt die Autorin die Wechselwirkungen nationalspezifischer Lesarten und Deutungsmuster mit universalisierenden Perspektiven hervor. Einerseits manifestiert sich dies in der Genese einer neuen, diskursiven ›Multidirektionalität‹, welche die klassischen Täter- und Opfernarrative überwindet und die Vergangenheit innerhalb einer zunehmend komplexer gedachten Lebenswirklichkeit verortet. Anderseits lässt sich auch eine zunehmende Hinwendung zum Menschen in seiner Lebenswelt beobachten, bei welcher das Augenmerk zunehmend auf alltags-, sozial- und kulturgeschichtliche Aspekte gelegt wird.
Was und wie können wir unseren Kindern heute vom ›Dritten Reich‹ erzählen? Britta C. Jung untersucht die Erinnerung nach dem Ende der Ära der Zeitzeugen, den Wandel von ›memory‹ zu ›postmemory‹.