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Die Sklaven des Sultans

Historischer Roman

Erschienen am 15.10.2013
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Bibliografische Daten
ISBN/EAN: 9783862822164
Sprache: Deutsch
Umfang: 352 S.
Format (T/L/B): 2.5 x 21 x 13.9 cm
Einband: Paperback

Beschreibung

Das Osmanische Reich im 16. Jahrhundert: Bei der Knabenlese auf ihrer Heimatinsel werden die griechischen Zwillingsbrüder Jannis und Kosta von Soldaten Sultan Suleymans entführt, beschnitten und im Koran unterwiesen. Die beiden Jungen werden für den Dienst beim Sultan ausgebildet, der eine beim Militär, der andere in der Verwaltung. Hautnah erleben sie den Krieg gegen die Tempelritter von Malta mit. Dabei müssen sie erkennen, dass Aufstieg und Fall im Reich Suleymans des Prächtigen nah beieinander liegen und nicht nur Bestechung und Intrigen ein probates Mittel für den Erhalt der eigenen Macht sind

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Autorenportrait

Jürgen Ebertowski, Jahrgang 1949, stammt aus Berlin. Aufgewachsen ist er im Wedding, wo er Grundschule und Gymnasium besuchte. Vor und nach dem Abitur folgten längere Aufenthalte in England, danach Studium der Japanologie und Sinologie (FU-Berlin), sechs Jahre Sprachlehrer am Goethe-Institut Tokio, in dieser Zeit auch Ausbildung zum Aikidolehrer (Hombu-Dojo, Tokio). Während des Japanaufenthalts wohnte er in Tokio und in Kamakura, war danach Dozent für Aikido an der Hochschule der Künste Berlin, Fachbereich 9, (Schauspiel) und gründete 1982 das Aikidozentrum AIKIKAN in Kreuzberg. Seit 1993 ist er freier Schriftsteller in Berlin, 1994 erhielt er das Stipendiat der Arno-Schmidt-Stiftung, 1996 das Stipendiat der STIFTUNG PREUSSISCHE SEEHANDLUNG. Im November 2009 bekam er den Berliner Krimipreis Krimifuchs. Der Autor wohnt mit seiner Frau in Berlin und bereist regelmäßig Japan, die Türkei und Malta.

Leseprobe

Aus Kapitel 2. Kapitel - Drei Weiße Eunuchen Die Sonne stand im Zenit und brannte schon sommerlich bei der anhaltenden Windstille, die bereits seit den Morgenstunden über dem Meer lag. Das zerklüftete Küstengebirge im Osten war zu einem vagen, blass-gelben Streifen geschmolzen. Eine Galeere, die mit dem grünen Banner des Propheten beflaggt war und die auch die scharlachrote Flagge der Pforten-Marine mit dem silbernen Halbmond und dem Stern zeigte, hielt Kurs auf einen Archipel flachkuppiger Inseln am Horizont. Gleichmäßig bewegten sich zwanzig Ruderpaare im Takt von dumpfen Trommelschlägen. Der Kommandant der Galeere, ein Hauptmann der Janitscharen und ein Koloss von einem Mann saßen unter dem Sonnensegel auf der Heckplattform des Kriegsschiffs. Der Schiffsführer betrachtete mit zusammengekniffenen Lippen die rotgekleideten Knaben, die aneinander gefesselt unterhalb der Heckempore hockten, dann schüttelte er energisch den Kopf. Nein, meine Herren, wenn ich durch die Möveninsel-Enge gesteuert wäre, hätte ich riskiert, das Schiff zu verlieren. Außerdem: Die beiden Flüchtigen waren bestimmt schon in den Küstenwäldern untergetaucht, und ohne Bluthunde könnte sie dort selbst eine vollzählige Orta Janitscharen nicht mehr aufspüren! Eine Orta, eine Kompanie!, dachte der Hauptmann bitter. Hätte ich eine ganze Orta gehabt, wäre mir niemand unbemerkt vom Schiff entkommen! Die Knaben hatten sich im Schutze der Dunkelheit geräuschlos vom Deck der Galeere abgeseilt und waren zu einer der Landzunge vorgelagerten Insel geschwommen. Natürlich hatten die anderen Jungen ihre Flucht gedeckt, weshalb sie allesamt kräftig die Peitsche zu spüren bekamen, wie im Übrigen auch die vier nachlässigen Janitscharen der Nachtwache. Und der Janitscharen-Hauptmann dachte voller Groll an seinen Oberst, der ihm bloß eine halbe Kompanie zur Knabenlese mitgegeben hatte, weil dieser verdammte Rüstem Pascha wieder einmal alle irgendwie entbehrlichen Soldaten als Jagdtreiber abkommandiert hatte. Mit dem Hauptmann waren dann drei Weiße Eunuchen und ein halbes Dutzend Schwertträger von den Saraywächtern an Bord der Galeere gegangen. Weiße Eunuchen bewachten das Tor zum Privatquartier des Sultans. Zuerst hatte der Hauptmann vermutet, dass die Schwertträger als Ersatz für die fehlenden Janitscharen bestimmt waren. Er wurde bald eines Besseren belehrt: Der Anführer der drei Eunuchen hieß Ahmed, war ein Fettberg von einem Verschnittenen, besaß eine auffällige sternförmige Narbe über der rechten Augenbraue und trug ein prunkvolles Brokatgewand. Er hatte ihm und dem Galeeren-Kommandanten sogleich ein Schreiben aus der Kanzlei des Großwesirs vorgelegt, welches nichts anderes besagte, als dass alle Janitscharen und die gesamte Schiffsbesatzung formell ihm, dem Eunuchen, unterstellt waren. Die Schwertträger waren seine Leibwächter. Dann hatte der Verschnittene quasi als erste Amtshandlung die Kabine des Kommandanten in Beschlag genommen. Der Hauptmann war altgedient und hatte schon viele Vorgesetzte gehabt, aber dass er sich einem Eunuchen unterordnen musste, das war ihm noch nie widerfahren. Der Janitscharen-Hauptmann mochte die arroganten Kastraten nicht, denen die hohen Herren mehr ihr Ohr liehen als ehrlich kämpfenden Soldaten. Dem Galeerenkommandanten erging es ähnlich. Wenn keiner der Eunuchen oder Saray-Schwertträger in Hörweite war, lästerten die beiden Offiziere zu Beginn der Reise noch häufig über ihren ungewöhnlichen neuen Vorgesetzten mit der hohen Kastratenstimme, der wächsernen Gesichtsfarbe und dem massigen Körper, der nur aus Fettwülsten zu bestehen schien. Dieses Lästern wich aber einer ungeheuchelten Hochachtung, als der Anführer der Weißen Eunuchen einmal von einem der Schiffsoffiziere angerempelt wurde und er den Mann aufs Gröbste deswegen beschimpfte. Die Hand des Offiziers glitt daraufhin zu dem Krummdolch, der in einer silberbeschlagenen Scheide in seinem Gürtel steckte. Noch bevor er die Waffe auch nur halb entblößt hatte, wurde ihm von einem einzigen wuchtigen Säbelhieb der Schädel bis zum Hals gespalten. Wie der Verschnittene ansatzlos seine Waffe gezogen hatte, grenzte für einige der Augenzeugen dieses Vorfalls schon fast an Zauberei. Der Hauptmann jedenfalls hatte nur selten in seinem Leben jemanden beobachten können, der derart schnell und treffsicher auf einen Angriff reagiert hatte wie dieser Eunuch. Auch der Galeerenkommandant hatte sich fortan mit unüberlegten Bemerkungen zurückgehalten. Die Galeere zog auf dem ruhigen Meer einen gleichmäßigen Fächer von Bugwellen hinter sich her, ansonsten glich die Wasserfläche einem Spiegel, und nur der laue Fahrtwind bewegte das grüne Banner des Islam an der Hauptmastspitze gelegentlich und kaum wahrnehmbar. Der Anführer der Weißen Eunuchen räusperte sich ausgiebig, bevor er dem Kommandanten antwortete: Ich verstehe natürlich, Kapitän, dass Ihr das Schiff nicht wegen zweier flüchtiger Knaben gefährden durftet, nur hatte ich einen Auftrag, den ich bereits erfüllt zu haben glaubte. Einer der Knaben entsprach nämlich genau den Vorstellungen meines Herrn, und es wird wohl schwer sein, auf die Schnelle wieder Ersatz für ihn zu finden. Zumal, der Verschnittene befingerte die sternförmige Narbe über der rechten Augenbraue und richtete das Wort scharf an den Hauptmann, zumal mir gesagt wurde, dass die Inseln, die wir gerade ansteuern, von der Devschirme befreit sind! Der Hauptmann senkte den Blick, der Eunuch hatte Recht. Die Inseln vor ihnen waren per Dekret des Sultans von der Knabenlese befreit. Neben dem Hauptmann lag auf den teppichbedeckten Schiffsplanken ein großes, in braunes Glattleder gebundenes Buch. Die Namen der zur Devschirme gezwungenen Jungen waren darin verzeichnet sowie die ihrer Eltern, die der Dörfer und Provinzen, aus denen man sie geholt hatte. In dem Buch standen auch die Namen der Popen ebenso wie die Namen der jeweiligen Kadis. Bei den Kadis verblieb ein ähnliches Buch, das auf gesondertem Weg, keinesfalls aber zusammen mit den Knaben und der Begleitmannschaft, nach Istanbul geschickt wurde. Dort verglich dann der Janitscharen-Agha, der oberste Befehlshaber der Truppe, die Eintragungen. Wehe, es tauchten Ungereimtheiten auf! Sämtlichen Beteiligten an dieser Knabenlese, ob Richter, Offizier oder nur einfachem Soldaten, drohte dann strengste Bestrafung. Nur allzu oft hatte sich herausgestellt, dass reiche Christen es trefflich verstanden, ihre Söhne selbst noch nach der Aushebung bei einem Provinz-Kadi oder den Janitscharen-Offizier von der Devschirme freizukaufen. Die Bestochenen rekrutierten dann zum Beispiel den Sohn eines Rinder- oder eines Schafhirten. Das war nicht statthaft, denn Hirten, der jeweils einzige Sohn einer Familie, ein Knabe ohne Kopfhaarwuchs, einer mit einer sichtbaren Erkrankung oder ein bereits verehelichter älterer Junge (der Pope musste anhand des Kirchenbuchs die Heirat beweisen), waren ausdrücklich von der Devschirme ausgenommen. Muslime durften überhaupt nicht eingezogen werden und auch keine Christenknaben, die ohne Vorhaut zur Welt gekommen waren. So jedenfalls lauteten die detaillierten Vorschriften von Sultan Süleyman. Akribisch wurde außerdem in den beiden identischen Devschirme-Listen das Aussehen der Knaben beschrieben. Genau hierin lag das Problem für die Männer auf der Heckempore der Galeere, und auch der Anführer der Weißen Eunuchen wusste es. Ahmed stand zwar hoch in der Saray-Hierarchie, aber wie alle im Palast tätigen Personen, einfache Wasserträger ebenso wie ansonsten hochvermögende Paschas, war er, der Verschnittene, letztlich doch nur ein Kul, ein Militärsklave des Sultans. Und je nachdem, woher der politische Wind wehte, war auch ein Weißer Eunuch und Torwächter des Sultans keineswegs dagegen gefeit, dass die großherrlichen Henker ihn zur Richtstätte vor das Mitteltor im ersten Palasthof schleiften, wenn dem Herrscher über alle Menschennacken, wenn Sultan Süleyman, dem Gesetzgebenden, ein Vergehen eines seiner entmannten Sklaven ruchbar wurde. Ei...

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