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latenz - Journal 2|2017 - Journal für Philosophie und Gesellschaft, Arbeit und Technik, Kunst und Kultur

Politik und Emotionen in gesellschaftlichen Transformationsprozessen

Scherer, Irene / Schröter, Welf
Erschienen am 01.10.2017
34,00 €
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Bibliografische Daten
ISBN/EAN: 9783893761760
Sprache: Deutsch
Umfang: 210
Format (T/L/B): 22.0 x 22.0 cm

Beschreibung

Die politischen Auseinandersetzungen sind in den letzten Jahren härter geworden. In das Öffentlich-Politische haben sich Emotionen eingemischt, die einen „klaren Kopf“ behindern. Zorn, Leidenschaft und Hass sind immer auch Kennzeichen von gewollten oder erlittenen gesellschaftlichen Transformationsprozessen. Gefühle und Affekte wie Zorn, Zuneigung, Leidenschaft, Angst, Furcht und Hass haben ihre Geschichte. Die politischen Diskurse über Europäisierung und Globalisierung, über die Vielfalt der Emanzipationen, über Digitalisierung und die Ökonomisierung der Zeit, über ökonomische Krisen und zunehmende soziale Spaltungen in liberalen Demokratien, über weltweite Konflikte und die damit verbundenen Migrationsbewegungen werden immer intensiver von Emotionen gefärbt. Stimmungen haben Konjunktur. Die Achtung politisch Andersdenkender ist in bestimmten Kreisen keine Selbstverständlichkeit mehr. Hemmschwellen sinken. Bereits im Jahr 1967 setzte sich Ernst Bloch differenzierend mit der Bedeutung von Zorn und Hass auseinander: „Zorn macht nicht notwendig blind. Zorn ist auch aktiv und zeitlich begrenzt. Der Hass schwelt weiter. Wenn der Zorn ausgebrochen ist, dann hat er immer noch Zeit, auch den Kopf sprechen zu lassen, sine ira cum studio, sonst wäre er bloß fremd gesprenkelt mit dem ganz anders beschaffenen, so leicht verführbaren Haß. Haß ist ein schlechter Affekt, wenn er nicht in die Schärfe des Zorns umschlägt, darum weil Haß ja den klaren Kopf verliert […].“ Erscheinungsweisen und Bedeutungen von Emotionen wandeln sich in unterschiedlichen historischen Welt- und Selbstverhältnissen. In Zeiten von empfundenen oder tatsächlichen Transformationen nimmt ihr Gewicht zu. Sie sind nicht unabhängig von Machtkonstellationen, Geschlechterbeziehungen, Diskursordnungen oder anderen kulturellen Traditionszusammenhängen wie etwa der Wirkmächtigkeit religiöser Narrative zu denken. Sie beeinflussen nicht nur Werte, sondern auch die Konstruktion von Wahrheit. Worin also bestehen die besonderen Qualitäten der Emotionalisierung der Politik, der politischen Emotion und der Politik durch Emotion innerhalb gegenwärtiger Spannungen und Konflikte?

Autorenportrait

Roger Behrens, Dr., geboren 1967 in Hamburg. Studium der Philosophie und Sozialwissenschaften in Hamburg, Berkeley, Maastricht. Wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Helmut-Schmidt-Universität/Universität der Bundeswehr Hamburg am Lehrstuhl für Erziehungswissenschaft. ‒ Weitere Informationen: rogerbehrens.net Helmut Fahrenbach, Prof. em. für Philosophie an der Universität Tübingen, Jg. 1928, Promotion bei Karl Löwith 1955 mit der Dissertation „Wesen und Sinn der Hoffnung“. 1965 Habilitation: „Ethische Existenz. Ihre Erschließung durch Kierkegaard und ihre Problematik bei Jaspers, Heidegger, Sartre“. Fahrenbach veröffentlicht im Umkreis der Existenzphilosophie/ Philosophische Anthropologie, Ethik, Kritische (marxistische) Gesellschaftstheorie Aufsätze und Bücher. Jüngste Veröffentlichungen: Philosophie‒Politik‒Sozialismus. Ein prekäres Verhältnis in Deutschland. Mössingen: Talheimer Verlag 2016; Ernst Blochs Philosophie der Hoffnung und Utopie ‒ im Kontext und Diskurs. Mössingen: Talheimer Verlag 2017. Tristan Garcia, Dr. Phil, Romanautor und Philosoph, Maître de conference für Philosophie an der Universität Lyon III. Arbeitsgebiete: Ethik, politische Philosophie. Jüngste Veröffentlichungen: La vie intense. Une Obsession moderne, Paris: Autrement 2016 (deutsch: Das intensive Leben. Eine moderne Obsession. Berlin: Suhrkamp 2017); Nous. Paris: Grasset 2016; Faber. Le destructeur. Paris: Gallimard 2013 (Roman, deutsch: Faber. Der Zerstörer. Berlin: Wagenbach 2017). Boris Groys, Dr. Phil., Philosoph, Medientheoretiker und Kurator, Global Distinguished Professor an der Faculty of Arts and Science der New York University und Senior Research Fellow des Forschungsinstituts der Staatlichen Hochschule für Gestaltung Karlsruhe. Forschungsschwerpunkte: Ästhetik, insbesondere russische Avantgarde, Stalinismus und ästhetisch-intellektuelle Konzepte des Postkommunismus. Groys ist Mitglied der Initiative „Demokratie in Europa 2025“ (DiEM25). Jüngere Veröffentlichungen: Einführung in die Anti-Philosophie, München: Hanser 2009; Die Vernunft an die Macht. Streitgespräch mit Vittorio Hösle. Wien/Berlin: Turia + Kant 2011. Groys kuratierte 2011 den russischen Pavillon auf der 54. Biennale in Venedig. Gerd Hankel, Dr. jur., M.A., Jg. 1957, Völkerrechtler und Sprachwissenschaftler, wissenschaftlicher Angestellter der Hamburger Stiftung zur Förderung von Wissenschaft und Kultur, assoziiert am Hamburger Institut für Sozialforschung. Autor zahlreicher Publikationen zum humanitären Völkerrecht, zum Völkerstrafrecht und zum Gewaltgeschehen im afrikanischen Gebiet der Großen Seen; zuletzt: Ruanda. Leben und Neuaufbau nach dem Völkermord. Wie Geschichte gemacht und zur offiziellen Wahrheit wird. Springe: zu Klampen 2016. Lorenzo Marsili, Philosoph, Autor, politischer Aktivist und Sozialunternehmer. Mitbegründer der Londoner Theoriezeitschrift „Naked Punch Review“, Gründer der paneuropäischen NGO „European Alternatives“, Organisator des Transeuropa-Festivals und Mitinitiator der Initiative „Demokratie in Europa 2025“ (DiEM25). Matthias Mayer, Dr. Dr. habil., Privatdozent am Philosophischen Seminar der Universität Tübingen. Forschungsschwerpunkte: Geschichtsphilosophie, Naturphilosophie, Ethik. Veröffentlichungen: Objekt‒Subjekt. F.W.J. Schellings Naturphilosophie als Beitrag zu einer Kritik der Verdinglichung. Bielefeld: transcript, 2014 ‒ Eberhard Braun: Die Rose am Kreuz der Gegenwart. Ein Gang durch Hegels „Phänomenologie des Geistes“. Mit einer Einleitung von Matthias Mayer. (Hg. zusammen mit Christian Palmizi unter Mitarbeit von Irene Scherer). Mössingen: Talheimer Verlag 2014. Judith Mohrmann, Wissenschaftliche Mitarbeiterin im VW-Projekt „Verhandlungsformen normativer Paradoxien“ am Institut für Sozialforschung an der Johann-Wolfgang-Goethe Universität Frankfurt/Main. Forschungsschwer-punkte: Politische Theorie, Emotionstheorie, kritische Theorie. Letzte Veröffentlichungen: „Die Stille nach dem Schuss“ ‒ Paradoxien revolutionärer Befreiung nach Alexis de Tocqueville und Michael Walzer, in: WestEnd. 1/2017, S. 83‒97. ‒ „We cannot draw closed the net in which we are caught ‒ Walter Benjamin’s fragment ‘Capitalism as Religion’”, in: The Persistence of Critical Theory, Culture and Civilization. Vol. 8, hrsg. v. Gabriel R. Ricci, New Brunswick and London: Transaction Publishers 2017, S. 241‒254. ‒ Affekt und Revolution. Politisches Handeln nach Arendt und Kant. Frankfurt/New York: Campus Verlag 2015. Arno Münster, Dr. phil., emeritierter Prof. für deutsche Philosophiegeschichte an der Universität Amiens. Arbeitsschwerpunkte: Deutscher Idealismus, Kritische Theorie, Ernst Bloch. Jüngste Veröffentlichungen: Ernst Bloch. Eine politische Biographie. Hamburg: EVA 2012; André Gorz und der schwierige Sozialismus. Eine Einführung in Leben und Werk. Zürich: Rotpunkt 2011; Angst vor Deutschland. Ursachen und Hintergründe der neuen Germanophobie. Welche Zukunft für Europa? Würzburg: Verlag Königshausen und Neumann 2017. Mathias Richter, Dr. phil., Philosoph, Journalist, Leiter der Kulturredaktion der Märkischen Allgemeinen Zeitung in Potsdam, Arbeitsschwerpunkte: Gesellschaftstheorie, politische Philosophie, französische Theoretiker des 20. Jahrhunderts und der Gegenwart. Jüngste Veröffentlichungen: Freiheit und Macht. Perspektiven kritischer Gesellschaftstheorie ‒ der Humanismusstreit zwischen Sartre und Foucault. Bielefeld: Transcript 2011; Paradies now? Utopie und Gesellschaftskritik bei André Gorz (Hg. zus. mit Inka Thunecke), Mössingen: Talheimer Verlag 2016. Mikko Salmela ist Senior Researcher am Academy of Finland Centre of Excellence in the Philosophy of Social Sciences an der Universität Helsinki. Sein Forschungsschwerpunkt ist die interdisziplinär ausgerichtete Philosophie individueller und kollektiver Emotionen in theoretischer wie angewandter Perspektive. Aktuelle Publikationen: Can Emotions be Collective? (Routledge Handbook of Emotion Theory, Hg. von A. Scarantino), Emotional Roots of Right-Wing Political Populism (Social Science Information, mit C.v.Scheve), How does it really feel to act together?: Shared emotions and the phenomenology of we-agency (Phenomenology and the Cognitive Sciences, mit M. Nagatsu), Collective emotions and joint action: beyond received and minimalist approaches (Journal of Social Ontology, mit M. Nagatsu). Irene Scherer, Verlegerin, studierte Sozialpädagogik und Jura. Sie ist Mitbegründerin und Geschäftsführerin des Talheimer Verlages. Gemeinsam mit Welf Schröter ‒ Mitherausgeberin des Bandes „Karola Bloch ‒ Architektin, Sozialistin, Freundin“ (2010) und Mitherausgeberin der Edition „Etwas, das in die Phantasie greift‘. Briefe von Karola Bloch an Siegfried Unseld und an Jürgen Teller“ (2015) im Talheimer Verlag. Christian von Scheve ist Professor für Soziologie mit dem Schwerpunkt Soziologie der Emotionen am Institut für Soziologie der Freien Universität Berlin. Seine Forschungsschwerpunkte sind die Soziologie der Emotionen, Wirtschafts- und Kultursoziologie sowie Sozialpsychologie. Aktuelle Publikationen: Collective Emotions (Hg. mit M. Salmela), A social relational account of affect (European Journal of Social Theory), Emotional Roots of Right-Wing Political Populism (Social Science Information, mit M. Salmela), The emotional timeline of unemployment: Anticipation, reaction, and adaptation (Journal of Happiness Studies, mit F. Esche, J. Schupp). Welf Schröter, Initiator und Moderator des 1991 gegründeten gewerkschaftsnahen Personennetzwerkes „Forum Soziale Technikgestaltung“ (FST) zur Unterstützung von Betriebs- und Personalräten auf dem Weg in die Wissensgesellschaft; Netzwerker, Dozent, Moderator sowie Autor zahlreicher Aufsätze und Herausgeber mehrerer Fachpublikationen wie etwa „Autonomie des Menschen ‒ Autonomie der Systeme“ (2017), „Identität in der Virtualität“ (2014) und „Virtuelle Identitäten im Worklogging“ (2016); Mitherausgeber der Schriften und Texte Karola Blochs (unter anderem: Jan Robert Bloch, Anne Frommann, Welf Schröter (Hg.): Briefe durch die Mauer. Briefwechsel 1954‒1994 zwischen Ernst und Karola Bloch sowie Jürgen und Johanna Teller); Moderator von ‹www.bloch-blog.de› und ‹www.blog-zukunft-der-arb eit.de›; Mit-Geschäftsführer des Talheimer Verlages; Lehrbeauftragter an der Hochschule für Technik und Wirtschaft Aalen. Bernd Stickelmann lebt als Autor in Frankfurt. Schwerpunkte seines literarischen Arbeitens: Performances, Lyrik und Essay. Weitere Veröffentlichungen: Stadt ‒ Mitte Draußen Draußen auf der Autobahn, Blieskastel: Gollenstein Verlag 1997, sowie ein weiteres Kunstbändchen: Gesichte. Frankfurt/Main: Axel Dielmann Verlag 2015, auch von Nicolaus Werner gestaltet. Gerade erschienen ist der Gedichtband: sagen Landvermesser, ebenfalls mit Bildern von Nicolaus Werner. Frankfurt/Main: Axel Dielmann Verlag 2017. Inka Thunecke, Historikerin und Literaturwissenschaftlerin. Geschäftsführerin der Heinrich-Böll-Stiftung Brandenburg. Arbeitsschwerpunkte: politische Bildung, Erinnerungspolitik, Rechtsextremismus, politische Ökologie, Agrarpolitik, Kulturpolitik. Jüngste Veröffentlichungen: Kultur und Wirtschaft. Eine lukrative Verbindung (Hg. gem. mit Arvid Boellert). Mössingen: Talheimer Verlag 2008. Paradies now? Utopie und Gesellschaftskritik bei André Gorz (Hg. zus. mit Mathias Richter), Mössingen: Talheimer Verlag 2016. Yanis Varoufakis, Dr. rer pol, Wirtschaftswissenschaftler und Politiker, ehemaliger Finanzminister Griechenlands, Parlamentsabgeordneter für die Liste Syriza und Gründungsmitglied der Initiative „Demokratie in Europa 2025“ (DiEM25). Jüngere Veröffentlichungen: The Globale Minotaur: America, the True Origins of the Financial Crisis and the Future of the World Economy. London: Zed Books 2011 (deutsch: Der globale Minotaurus. Amerika und die Zukunft der Weltwirtschaft. München: Kunstmann 2012); Time for a Change. Wie ich meiner Tochter die Wirtschaft erkläre. München: Hanser 2015; Das Euro-Paradox. Wie eine andere Geldpolitik Europa wieder zusammenführen kann. München: Kunstmann 2016; Die ganze Geschichte: Meine Auseinandersetzung mit Europas Establishment. Aus dem Englischen von Anne Emmert, Ursel Schäfer und Claus Varrelmann, München: Antje Kunstmann Verlag 2017. Burkhard Wiebel, Dr. rer. nat., Dipl.-Psychologe, freier Mitarbeiter am Institut für Kognitive Neurowissenschaft der Ruhr-Universität Bochum. Letzte Publikationen: „Gehirn und Gesellschaft ‒ Mechanismen neoliberaler Dekonstruktion“ (zus. mit Alisha Pilenko), in: Wiebel, Pilenko, Nintemann (Hg.). Mechanismen psychosozialer Zerstörung. Neoliberales Herrschaftsdenken, Stressfaktoren der Prekarität, Widerstand, Hamburg: VSA Verlag 2011; „Mechanismen psychosozialer Destruktion im globalen Kapitalismus“ (zusammen mit Alisha Pilenko) in: Zimmermann, Rüter, Wiebel et al. (Hg.). Anatomie des Ausschlusses. Theorie und Praxis einer Kritischen Sozialen Arbeit. Wiesbaden: Springer VS 2013; „Neuromythologie ‒ die Deutungsmacht der Hirnforschung“, in: Marxistische Blätter. 4/2014.

Inhalt

Inhaltsverzeichnis Editorial Von Irene Scherer und Welf Schröter I. Politik und Emotionen in gesellschaftlichen Transformationsprozessen Die Emotionen des Rechtspopulismus Von Mikko Salmela und Christian von Scheve Klammheimliche Worte Von Bernd Stickelmann Politik und Emotionen. Eine Analyse ihres Verhältnisses bei Nussbaum, Arendt und Kant Von Judith Mohrmann Ich schätze Sätze Von Bernd Stickelmann Ballade vom Aufschwung freigeschalteter Redensarten Von Bernd Stickelmann Eine Mehrheit inszeniert sich als Minderheit. Über Wut, Hass und die Politik der Identität Tristan Garcia, der französische Analytiker der Intensität im Gespräch mit Mathias Richter Ich bin. Erkundungen zur Dialektik im Geist der Utopie Von Roger Behrens Emotionen und gesellschaftliche Transformation. Neurokognitive und neurolinguistische Aspekte Von Burkhard Wiebel Autonomie als Fundament für mehr Kohärenz in eigenen Lebensentwürfen Von Welf Schröter und Irene Scherer Was ist nur aus der Schutzverantwortung geworden? Über den Sinn eines umstrittenen Konzepts Von Gerd Hankel II. Philosophie und Gesellschaft Die dritte Dimension. Jenseits von Establishment und Populismus Von Lorenzo Marsili und Yanis Varoufakis Das zeitgenössische Europa. Auf der Suche nach kulturellen Biotopen Von Boris Groys Die „irritierende“ Stellung Blochs in der Philosophie des 20. Jahrhunderts. Zum 40. Todestag von Ernst Bloch Von Helmut Fahrenbach III. Kultur, Ästhetik, Lebenswelt Von den Ambivalenzen im Neonlicht Von Bernd Stickelmann Der Zorn und die Angst vor der Angst im Zeitalter der regressiven Moderne. Rezensionen Von Mathias Richter Karola Blochs Briefe an Siegfried Unseld und Jürgen Teller. Rezension Von Arno Münster Internationaler Beirat der Buchzeitschrift Latenz Autorinnen und Autoren