Beschreibung
Das „Feldbuch der Wundarznei“ des Wundarztes Hans von Gersdorff (1517) ermöglicht außergewöhnliche Einblicke in die europäische Wissenskultur an der Epochenschwelle zwischen Spätmittelalter und Frühneuzeit: Seine besondere Form, seine lange Rezeptionsdauer, seine thematische Ausrichtung, seine mediale Hybridität und seine vielfältige Überlieferungsgeschichte geben in geradezu einzigartiger Weise Aufschluss über die Frage, wie medizinisches Wissen in der Vormoderne organisiert, präsentiert, legitimiert und rezipiert wurde. Die vorliegende Studie analysiert das „Feldbuch“ in historisch-vergleichender Perspektive und untersucht die davon ausgehenden Prozesse der Wissensproduktion und -rezeption durch eine methodische Matrix aus wissenssoziologischen, medizingeschichtlichen, linguistischen und buch- und bildwissenschaftlichen Ansätzen.
Autorenportrait
Melanie Panse
geb. 1981, WS 2000-SS 2001 Human- und Zahnmedizinstudium an der Philipps-Universität Marburg; SS 2001-SS 2006 Lehramtsstudium der Fächer Englisch und Geschichte an der Universität Kassel, April 2007-Mai 2010 Stipendiatin der Universität Kassel, März-April 2009 Stipendiatin am Kunsthistorischen Institut, Max-Planck-Institut in Florenz.
Seit WS 2010 Wissenschaftliche Mitarbeiterin am Lehrstuhl Mittelalterliche Geschichte der Universität Duisburg-Essen bei Prof. Dr. Amalie Fößel; Februar 2011 Promotion zum Dr. phil. an der Universität Kassel bei Prof. Dr. Ingrid Baumgärtner mit der Dissertation: „Hans von Gersdorffs „Feldbuch der Wundarznei“. Produktion, Präsentation und Rezeption von Wissen“. (Aktuell: Habilprojekt, das sich mit den Handlungsspielräumen der Kreuzfahrerfrauen beschäftigt)
Forschungsschwerpunkt: Wissens- und Kulturgeschichte, Text-Bild-Beziehungen
Rezension
„Das vorliegende Buch, das in der Reihe „Trierer Beiträge zu den Historischen Kulturwissenschaften“ erschien, ist denn auch kein Nachdruck des Originals, sondern eine wissenschaftlich fundierte Studie, die das „Feldbuch“ in historisch-vergleichender Perspektive untersucht. Entsprechend widmet sich die Autorin auch der Frage, wie Wissen in jener Zeit gewonnen, produziert und weitergegeben wurde – das „Feldbuch der Wundarznei“ wird dadurch geradezu zu einem „Vehikel“ für eine Reise in die europäische Wissenskultur an der Epochenschwelle. Interessant ist auch, wer sich das Feldbuch, das lange Zeit als Grundlegendes Werk der europäischen Chirurgie Verwendung fand, anschaffte. Auch dieser Frage widmet sich die Autorin, die darlegen konnte, dass das Werk bis ins 17. Jahrhundert eine breite Leserschaft fand, die selbstverständlich Wundärzte und Gelehrte umfasste, aber auch hochrangige Bürger, Adelige sowie Fürsten.“
Von Heiko P. Wacker
In: http://www.landsknechte-bretten.de/wissenswertes/buchtipps-2/, 04.12.2015.
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„die Dissertation (überzeugt) durch sprachliche Präzision und genaue Analysen besonders der verschiedenen Rezeptionswege des „Feldbuchs“ im dritten Teil, so dass von ihren Beobachtungen im Kleinen vorsichtige Rückschlüsse auf den medizinischen Buchmarkt möglich sind. Daher kann Panse am Ende Ihres Buches (S.215) mit Recht ihren am Anfang geäußerten Anspruch, mit ihrer Studie zum „Feldbuch“ zu der Erforschung der vormodernen Wissenskultur beizutragen, wieder aufgreifen.“
Von Jana Madlen Schütte
In: sudhoffs Archiv Heft 1 (2013) S.127.
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„Panses Studie stellt einen wertvollen Beitrag zur Erforschung der volksprachlichen medizinischen Wissenskultur, ihrer Präsentation und Rezeption am Übergang vom Mittelalter zur Frühen Neuzeit dar. Der Gefahr, die Besonderheiten des Feldbuchs überzubewerten, begegnet sie mit dem wiederholten Vergleich mit der "Chirurgia" und dem "Rosengarten". Der in volksprachlichen Inkunabeln und Frühdrucken fassbare Horizont medizinischen Wissens um 1500 wird differenziert vorgestellt und seine Präsentation in Text und Bild präzise analysiert. Die umfassenden Rezeptionsspuren deuten darauf hin, dass dieses Werk tatsächlich das Bedürfnis eines aus Fachleuten und Mitgliedern gehobener sozialer Schichten bestehenden Publikums nach solchem Wissen befriedigte. Die angestrebte Einbettung und Historisierung von vormodernem medizinischem Wissen in seinen sozialfunktionalen Kontexten gelingt Panse damit überzeugend.“
Von Maximilian Schuh
In: sehpunkte. Reyensionsorgan fuer Geisteswissenschaftler (http://www.sehepunkte.de/2013/09/22562.html, 25.09.2013, 15:05)