Beschreibung
Wein ist nicht nur das älteste, sondern auch das am weitesten verbreitete Kulturgetränk der Menschheit. Das Entstehen sämtlicher eurasischer Hochkulturen ist, wie neuere und neueste Forschungsergebnisse eindrucksvoll belegen, aufs Engste mit der Entwicklung einer zunächst magischen und dann gesellschaftlich-religiös ritualisierten Wein- und Alkoholkultur verknüpft. China ist hierfür ein Beispiel par excellence. Zahlreiche vor allem neuere Entdeckungen im Fernen Osten, in Zentralasien, Nahost und Kaukasien belegen, dass die Kultivierung des Weins die Geschichte der eurasischen Völker und Gesellschaften nicht erst seit der Blüte der Seidenstraße vor zwei Jahrtausenden, sondern bereits seit prähistorischen Epochen, und zwar durch Kontakte und Austausch über gewaltige geographische Entfernungen hinweg, maßgeblich prägte.
In seiner ambitionierten „Geschichte der chinesischen Weinkultur“ geht der Autor den weitreichenden eurasischen Verbindungen seit dem Neolithikum mit der chinesischen Wein- und Alkoholkultur nach. Dabei versucht er erstmals, anders als in bisherigen Abhandlungen, die sich meist nur isoliert Einzelthemen zugewandt haben, eine interdisziplinäre Gesamtschau vorzunehmen, bei der das Phänomen Wein und Alkohol aus archäologischer, anthropologischer, historischer, ethnographischer, soziologischer, politischer, ökonomischer, religiös-philosophischer, diätetisch-medizinischer, literarisch-künstlerischer, linguistisch-graphematischer und kulinaristischer Sicht betrachtet werden. Herausgearbeitet werden in diesem Buch die Parallelen, Gemeinsamkeiten und möglichen Vernetzungen mit den anderen Zivilisationen Eurasiens sowie universale Merkmale der Alkoholkultur. Entscheidende Impulse gingen dabei von den neueren biomolekularen Analysen der frühesten Weinspuren in Georgien (vor ca. 8000 Jahren) und im zentralchinesischen Ausgrabungsort Jiahu (vor ca. 9000 Jahren) aus, wo das bislang älteste alkoholische Getränk der Menschheit nachgewiesen werden kann, zu dessen Herstellung Wildreben (Vitis) verwendet wurden. Besonders bemerkenswert ist auch, dass auf chinesischem Territorium in nahezu allen Regionen die weltweit reichhaltigsten und vielfältigsten Ressourcen an Vitis-Arten seit Jahrmillionen beheimatet sind.
Der Autor zeichnet in diesem spannenden Buch ein facettenreiches Bild von der Geschichte des Traubenweins (putaojiu) und des Gesamtphänomens jiu (alkoholische Getränke im weitesten Sinne) im chinesischen Raum. Er stellt die Entwicklung des Weins in China durch die einzelnen Epochen und Dynastien bis in die Neuzeit und Gegenwart dar, stets unter Berücksichtigung der weitreichenden Zusammenhänge mit den anderen eurasischen Völkern und Kulturen (v. a. der persisch-iranischen Welt). Eingehendere Beachtung finden dabei auch regionalhistorische Entwicklungen, wobei hier bislang teils unbekannte und überraschende Entdeckungen vereinzelter lokaler Traditionen aufgezeigt werden. Den Schluss des Buches bildet ein zusammenfassender Blick auf die Faktoren, die China jüngst zu einem der weltweit führenden Wein produzierenden und konsumierenden Länder gemacht haben.
Peter Kupfer, geb. 1946 in München, Studium der Sinologie, Malaiologie und Allgemeinen Sprachwissenschaft an der Universität Bonn, seit 1998 Professor für Chinesische Sprache und Kultur des Fachbereichs Translations-, Sprach- und Kulturwissenschaft (FTSK) der Johannes Gutenberg-Universität Mainz in Germersheim, hat schon früh ein starkes Interesse für die Weinkultur Chinas und die Kultur der Seidenstraße entwickelt. Seit 2008 hat er immer wieder jeweils mehrmonatige Forschungsreisen an den zentralasiatischen, chinesischen und iranischen Seidenstraßen unternommen.
Inhalt
Preface (Patrick McGovern)
Vorwort
01 Wein- und Alkoholkultur: Integrales Erbe der chinesischen Zivilisation und der universalen menschlichen Evolution
02 Auch in China: Im Anfang war der Wein
03 Überlieferungen, Mythen und Legenden: Trinkkultur im alten China
04 Entfaltung einer einzigartigen Fermentations- und Alkoholritualkultur: Die Xia-, Shang- und Zhou-Zeit (21.–3. Jh. v. Chr.)
05 Maßvoll und gesellschaftsorientiert: Konfuzius und die Trinkriten
06 Wein an der Seidenstraße: Kontakte und Austausch mit dem Westen in der Han-Zeit (206 v. Chr. bis 220 n. Chr.)
07 Daoistische Unsterblichkeit, Weltflucht und Trinkseligkeit: Die vortangzeitlichen Jahrhunderte (3.–6. Jh.)
08 Jadenektar und Poesie: Das Goldene Zeitalter des Tang-Imperiums (618–907)
09 Verhaltener Genuss für Beamte und Literaten: Der Rebensaft während der Song-Dynastie (960–1279)
10 Purpurrote Herbstquelle und Großes Jademeer: Weinproduktion und Weinhandel im mongolischen Yuan-Reich (1271–1368)
11 Zwischen Askese und Absolutismus: Niedergang der Önophilie in der Ming- und Qing-Zeit (1368 bis Ende 19. Jh.)
12 Süße Quelle edlen Charakters: Pioniere der neuzeitlichen Weinwirtschaft
13 Auf dem Weg zur Weltspitze: Neuere Entwicklungen der Weinproduktion und -konsumption in China
Inhalt
Anmerkungen
Abbildungsnachweis
Literatur
Index