Beschreibung
Mira hat genug vom Landleben. Schon seit ihrer Kindheit fühlt sie sich im Dorf fremd und unverstanden. Ohne einen Cent in der Tasche reist sie in die Welt hinaus, um ihren Platz darin zu finden. In Marseille macht sie sich mit dem Upcycling alter Kleidung einen Namen, in Oran näht sie aus Djellabas Minirocktaschen und in der Sahara schließt sie sich einer Reisekarawane an und arbeitet in einem Flüchtlingscamp mit. Stets begegnet Mira den Menschen und Umständen mit wachem, kritischem Blick und dem Drang, einen Beitrag zu leisten. Als in Havanna ihre Erwartungen auf eine echte, lebendige Revolution enttäuscht werden, gründet sie eine neue aufständische Bewegung. Wieder steht Mira vor einer Chance, die Welt zu einem besseren Ort zu machen. Doch diesmal muss sie alles riskieren. Ein Roman mit feiner Ironie und sprachlicher Finesse, der sich mit dem Status quo nicht zufrieden gibt und eine zeitgenössische Schelmin zur Hauptfigur macht.
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Literaturverlag Poll GmbH
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Autorenportrait
Eva Schörkhuber, 1982 in St. Pölten geboren, aufgewachsen in Oberösterreich. exil-literaturpreis 2012, Theodor-Körner-Preis 2013, Buchprämie der Stadt Wien 2015, author@musil in Klagenfurt 2020. Literaturwissenschaftliche Promotion über Archiv- und Gedächtnistheorien. Lebt und arbeitet in Wien. Konzeption und Durchführung der Wiener Soundspaziergänge. Redaktionsmitglied bei PS - Politisch Schreiben und Mitglied im Papiertheaterkollektiv Zunder. Zuletzt erschienen: 'Nachricht an den Großen Bären' (2017)
Rezension
»›Die Gerissene‹ ist ein weiblicher Schelmen- und Reiseroman, in dem Eva Schörkhuber Romantik mit Zeitkritik und sozialem Realismus gekonnt verknüpft. … die Musikalität der Sprache, ihr Rhythmus bereitet sinnliches Lesevergnügen.« – Christian Schacherreiter, Oberösterreichische Nachrichten
»Die Gerissene handelt im global village, bei jedem Schritt tritt Mira auf Tretminen des Kolonialismus. Aus ihrer unbändigen Lust zu entdecken schreibt sie die Geschichte der besuchten Städte und Länder neu. Als Leser fühle ich mich auf diese Schauplätze entführt, auf einer imaginären Reise auf Pfaden jenseits des Tourismus, wenn sie sich auch immer wieder mit diesen kreuzen.« – Walter Fanta, Buchmagazin Literaturhaus Wien
»Mira [die Protagonistin] bleibt merkwürdig entrückt, in ihren Intentionen rätselhaft. Als moderne Schelmin folgt man ihr aber gern auf ihren kreativ-naiven Aktionen und Sprüngen über die Kontinente. Ganz und gar nicht naiv ist die Autorin, die immer wieder gekonnt und durchaus auch humorvoll auf Missstände, Privilegien und Verlogenheiten hinweist und aufzeigt, wie heillos verknotet vieles miteinander zu sein scheint.« – Hanna Ronzheimer, Ö1 Ex libris
»Abenteuer, Mut, Weltreise – Themen, die in Büchern oft männlich besetzt sind. Nicht so im neuen Roman von Schriftstellerin Eva Schörkhuber aus Schwertberg: ›Die Gerissene‹ folgt dem Leben des Mädchens Mira, das hinaus in die Welt fährt, um seinen Platz dort zu finden. Ein Schelmenroman aus weiblicher Sicht!« – Kronen Zeitung
»Mit ›Die Gerissene‹ hat Eva Schörkhuber eine unterhaltsame, abwechslungsreiche Abenteuergeschichte aus Sicht einer furchtlosen Heldin geschaffen, eine Perspektive, die man in der Literatur viel zu selten findet.« – Barbara Seidl, Litrobona
Leseprobe
'Eines Abends, als ich mich gerade aufmachen wollte, um zu einem Treffen der pájaros de estrellas zu gehen, trat Maria, meine Vermieterin, an mich heran und fragte mich, ob ich sie nicht ein paar Schritte begleiten wolle, sie hätte Erledigungen zu machen und wäre für eine helfende, eine tragende Hand dankbar. Ich wollte schon abwinken und mich entschuldigen, da ich einen dringenden Termin hätte, aber in ihrem Blick lag etwas Unnachgiebiges, ja geradezu Unerbittliches. Ohne ein Wort zu verlieren, begleitete ich sie hinaus. Maria berührte mich leicht am Ellbogen und dirigierte mich so durch die Straßen bis hin zur Stadtpromenade, über die das aufgewühlte Meer brandete. Ich fragte mich, was sie denn hier, an der Stadtpromenade zu erledigen habe, aber da zog sie mich schon in eine kleine Nische, die von der Brandung unbehelligt blieb. So standen wir da, neben uns das Tosen der Gischt, in dem kaum ein Wort zu verstehen war. 'Mira', brüllte Maria mir ins Ohr, sie wisse, was die Sternenvögel so trieben, und die Polizei wisse es auch. Sie erzählte mir, dass der revolutionäre Staat heute Nacht zuschlagen wolle, dass es eine ganze Liste gebe von Menschen, die verhaftet werden sollen. '¿Qué hacer?', Was tun?, fragte ich in das Meerestosen hinein. Maria sah mich an, dann seufzte sie. Nun, wir müssten uns wohl verstecken, oder - ihr Blick tauchte ein paar Sekunden lang unter die schäumenden Kronen der Wellen, die über die Promenadenmauer züngelten -, oder uns mit einer großen Anzahl an Menschen umgeben und uns an eine größere Öffentlichkeit wenden. Bei Marias Worten machte mein Herz einen Satz. Ich sah mich an der Spitze eines riesigen Demonstrationszuges, erhobenen Hauptes mit meiner Fahne in der Hand. 'Mira', riss mich Maria aus meinen Träumereien, ich müsse so schnell wie möglich loslaufen und meinen compañeras und compañeros Bescheid geben. Sie selbst unterhalte zwar gute Beziehungen zur alten Revolution, aber - ein kleines, schmales Lächeln zeichnete sich auf ihrem Gesicht ab - trotzdem denke sie, dass es Zeit sei für etwas Neues, mit dem die Menschen hier auch etwas anzufangen wüssten. Ein, zwei Sekunden lang sahen wir uns noch an, eine stumme Verneigung, ein stiller Abschied, dann rannte ich los, über die versandete, verwucherte Straße hechtete ich in das Gassenraster hinein, schnappte mir ein Fahrrad und keuchte den Hügel hinauf, hin zu dem Haus mit dem türkis gestrichenen Eisentor, hinter dem die anderen schon auf mich warteten.'