Beschreibung
Singen auch im Angesicht des Todes: von Anfang an hat das zur lutherischen Frömmigkeit dazugehört. Im Leben, im Sterben und am Grab vergewisserten sich die Christen der Frühen Neuzeit singend ihres Glaubens. Anfangs waren es einige wenige Lieder, die das Sterben ausdrücklich zum Thema machten. Doch mit dem Anwachsen der geistlichen Dichtung im 17. Jahrhundert entstand eine Fülle von neuen deutschsprachigen Liedtexten, in denen sich auch eine gesteigerte Sterbefrömmigkeit widerspiegelt. Einige davon sind im Evangelischen Gesangbuch (EG) heute noch enthalten. Lukas Lorbeer hat die Fülle gesichtet und entdeckt dabei die lutherische Konfessionskultur zuallererst als Buchkultur: Ein prägendes Medium der Frömmigkeit war das Gesangbuch. Untersucht werden die einschlägigen Rubriken von fünfzig ganz unterschiedlichen Gesangbüchern. Sie stammen aus fünf wichtigen lutherischen Territorien: aus Württemberg, Braunschweig-Lüneburg, Kurbrandenburg, Kursachsen und der Reichsstadt Nürnberg. Die große Zahl der Textautoren reicht von Martin Luther über Philipp Nicolai, Johann Hermann Schein, Paul Gerhardt und Johann Rist bis hin zu Johann Scheffler und Ämilie Juliane von Schwarzburg-Rudolstadt. Der Reichtum der Texte an biblischen Bezügen, Bildmotiven und geprägten Sprachformen wird in acht Einzelkapiteln von der Vergänglichkeitsbetrachtung bis zur Auferstehung detailliert erschlossen; erkennbar wird dabei eine Tendenz zur Verinnerlichung, Individualisierung und Enthistorisierung. Eine wichtige Rolle für das Verständnis der Texte spielt zudem ihre Performanz, ihr "Sitz im Leben". Insgesamt entsteht ein umfassendes Kompendium lutherischer Todesvorstellungen bis 1700, ihrer Entwicklung und ihrer Prägekraft für die Frömmigkeit.
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Autorenportrait
Lukas Lorbeer ist Vikar der Evangelischen Landeskirche in Württemberg.
Rezension
Mehrere hundert frühneuzeitliche Liedtexte hat Lukas Lorbeer in ihrer Verbreitung dokumentiert, verglichen und analysiert sowie auf ihre Verwendung im historischen Kontext hin untersucht.
Singen auch im Angesicht des Todes prägte die lutherische Frömmigkeit von Anfang an. Besonders im 17. Jahrhundert entstand eine große Zahl von Sterbe- und Ewigkeitsliedern. Diese Fülle untersucht Lukas Lorbeer anhand zeitgenössischer Gesangbücher. Neben Autoren wie Nicolai, Gerhardt und Rist kommen auch weniger bekannte Autoren in den Blick. Im Zentrum steht die detaillierte Erschließung der reichen biblischen Bezüge, Bildmotive und geprägten Sprachformen. Bedeutsam für das Verständnis der Texte ist zudem ihr "Sitz im Leben".
Leseprobe
Singing even in the face of death has characterized Lutheran piety since its very inception in the sixteenth century. Contemporary German hymnals show an increasing number of songs that can be labelled "Sterbe- und Ewigkeitslieder", songs about death and eternal life. Especially the seventeenth century there was a period in which many new songs of this type were produced, corresponding with the rising importance of spiritual poetry in general. Lukas Lorbeer evaluates Lutheran hymnals from this period on the basis of their classification into different categories. He addresses several hundred texts, including some by Martin Luther, Philipp Nicolai and Paul Gerhardt, but many by lesser-known authors as well. The main body of the work consists of a detailed analysis of typical biblical references, metaphors and fixed phrases within these texts. In addition, Lorbeer shows three characteristic applications of the songs: meditation in life, at the deathbed and at a funeral. The study presents an extensive overview of Lutheran ideas on death and eternal life in pre-1700 Germany, their development and their influence on piety.>