Beschreibung
1886 erschien das erste moderne Lehrbuch der jiddischen Sprache. Der Form nach traditionell leitete es einen bahnbrechenden Aufstieg des Jiddischen zur Bildungssprache ein. Zu diesem Zeitpunkt begann man erstmals, die Muttersprache der überwiegenden Mehrheit der Juden im östlichen Europa als eine vollwertige Kultursprache wahrzunehmen, und genau in diesem Prozess spielte die muttersprachliche Bildung eine entscheidende Rolle. Doch über ihre Geschichte ist bisher wenig bekannt. Evita Wiecki erläutert anhand von Jiddisch-Lehrbüchern, welche Formen die aufblühende jiddische Bildung annahm, welche Funktion ihr zugeschrieben wurde und mit welchen Schwierigkeiten ihre Befürworter zu kämpfen hatten. Deutlich wird dabei auch, wie herausfordernd es für sprachliche Minderheiten ist, ohne staatliche und institutionalisierte Unterstützung das Fortbestehen von Sprach- und Kulturkenntnissen zu sichern. Die Studie umspannt ein knappes Jahrhundert (1886-1964), das sich durch signifikante Wendepunkte der jüdischen Geschichte bis hin zum absoluten Bruch durch den Holocaust auszeichnet. Dabei blieb die jiddische Sprache für die Menschen ein maßgeblicher Identifikationsfaktor - trotz grundverschiedener Bedingungen in Politik und Gesellschaft gab es zwischen den jeweiligen Phasen ungeahnte Kontinuitäten. So steckt in der Geschichte des Jiddisch-Lehrbuchs eine Kulturgeschichte des Jiddischen in Polen.
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Autorenportrait
Dr. phil. Evita Wiecki ist Lektorin für Jiddisch an der LMU München, Abteilung für Jüdische Geschichte und Kultur.
Rezension
Evita Wiecki bietet die erste Geschichte der jiddischen Bildung im östlichen Europa. Ausgehend vom Sprachlehrbuch entfaltet sie damit zusätzlich eine Kulturgeschichte des Jiddischen zwischen 1886 und 1964.
Jiddisch, die Muttersprache der meisten Juden im östlichen Europa, erlebte Ende des 19. Jahrhunderts, einen rasanten Aufstieg: Aus bloßem „Jargon“ wurde eine vollwertige Kultursprache und ein wichtiger Identitätsfaktor. Bildung spielte dabei eine entscheidende Rolle. Doch über deren Entwicklung ist bisher wenig bekannt. Evita Wiecki nutzt als Quelle ihrer Forschung Sprachlehrbücher, die für den muttersprachlichen Unterricht des Jiddischen zwischen 1886 und 1964 geschaffen wurden und schildert so die Geschichte der jiddischen Bildung und Kultur in Polen. Es ist eine Geschichte, die trotz zahlreicher Brüche und Umbrüche durchaus Kontinuitäten aufweist.