Beschreibung
In Westberlin war immer mehr möglich - gerade in Sachen Geschlecht und Sexualität. Auch Sperrstunden und Sperrbezirke, wie in der BRD üblich, gab es hier nicht. Die interkulturell offene Stadt hatte nicht nur für Dienstreisende einen besonderen Reiz, sie war auch geprägt von alliierten Soldat*innen und von Gastarbeiter*innen. Junge Männer, die vor der Bundeswehr flohen, suchten hier Zuflucht - genau wie Menschen, die eine ausgemergelte Großstadt mit einer alternativen Kultur wollten. Die Autor*innen eröffnen Einblicke in den Charakter dieser besonderen Stadt, wobei sie auf das Geschlechtliche und Sexuelle fokussieren. Texte und künstlerische Arbeiten fügen sich zu einem Gesamtbild, in dem individuelle Lebensentscheidungen ebenso Raum finden wie trans*, lesbischer und schwuler Aktivismus. Mit Beiträgen von Gülsen Aktas, Bilbo Calvez, Gérôme Castell, Jayne County, Danielle de Picciotto, Nora Eckert, Egmont Fassbinder, Carolyn Gammon, Cihangir Gümüstürkmen, Peter Hedenström, Manfred Herzer-Wigglesworth, Ipek Ipekçioglu, Susann Kaiser, Manuela Kay, Wilfried Laule, Katharina Oguntoye, Jayrôme C. Robinet, Dieter Telge und Koray Yilmaz-Günay
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Psychosozial-Verlag
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Rezension
»Wenngleich Sexualität in vielen Beiträgen durchaus Thema ist, so ist
es vor allem ein Buch über Identitäten und kollektives Selbstverständnis in einer heteronormativen Mehrheitsgesellschaft, die hier weitestgehend ausgespart bleibt, in Notwendigkeiten von Abgrenzung, Einschränkung
und Anpassung jedoch eine nicht unwesentliche Rolle spielt, sodass die Anthologie zwar Perspektiven marginalisierter Gruppen in den Fokus rückt, zugleich aber auch umfassende Einblicke in das alltägliche Leben im
einstigen Westberlin bietet.«
Marc Lippuner, mein/4 – Das Berliner Stadtmagazin, März-Mai 2022
»Punks und Tunten konnten in West-Berlin freier leben als in der BRD, daher strömten sie hierher. Und nicht nur sie, auch queere Menschen aus der ganzen Welt sahen in dieser Stadt an der Spree ihre Chance auf ein freies Leben, Romy Haag zum Beispiel, die hier einen Klub eröffnete, der heute noch als Connection die Szene bereichert. Viel Geschichte, viel queere Geschichte! Dieser widmet sich nun Herausgeber Heinz-Jürgen Voß in seinem Buch ›Westberlin – ein sexuelles Porträt‹.«
Michael Rädel, blu, 7.10.2021
»Das Buch zeichnet ein buntes Bild der ehemaligen Halbmetropole, gesättigt mit anschaulichen Schilderungen und bizarren Erlebnissen. Es ist diese Geschichte von Berlin, welche ihr heute eine weltweit wirksame Ausstrahlung verleiht. (...) Das macht einen Reiz des Bandes aus: Hier hat das irritierende Ereignis der deutschen Vereinigung faszinierende Gestalt angenommen, die ohne Kenntnis ihrer Geschichte nicht zu verstehen ist.«
Rüdiger Lautmann, Socialnet.de am 5. Oktober 2021
»Im Band ›Westberlin – ein sexuelles Porträt‹ erzählen Zeitzeug*innen von ihren Erfahrungen in der Mauerstadt: über die lebendige queere Subkultur, die Emanzipationsbewegungen bis hin zu Umbrüchen wie der Aidskrise.« Siegessäule, Oktober 2021
»Das Buch bietet kein konsistentes und eindeutiges Bild von Sexualität und Geschlecht in Westberlin. Aber es gibt sehr persönliche Einblicke in das jeweils eigene Porträt des Lebens in Westberlin. Und da sind die Themen nicht nur Sex, Partys und Musik, sondern auch Mieten, Arbeit und U-Bahnverkehr.«
Ulrike Wagener, neues deutschland am 6. September 2021
»Das große Verdienst des Bandes ist es, diese Erzählung von [schwul-lesbischer] Emanzipation im umzäunten Soziotop mit zwei anderen zu flankieren und damit auch zu relativieren, die sich dort gleichzeitig abspielten – und alle drei überschnitten einander punktuell, wenn auch aus heutiger Sicht nicht genug, um gemeinsam gesellschaftsverändernd werden zu können. Parallel zur schwul-lesbischen Sichtbarwerdung kam es in Westberlin nämlich zu einer bis heute international wirksamen Selbstverständigung der trans* Community [...]. Wahre Schätze einer zukunftsgewandten queeren Erinnerungskultur können so die Beitrage von Nora Eckert, Geìrôme Castell u. a. sein [...]. Das Gleiche gilt für die auch literarisch bestechenden Originaltexte von DJ İpek İpekçioğlu, die das Format Gayhane mit kreierte, den ›Neuen Wilden‹ Maler, Schauspieler und Bauchtänzer Cihangir Gümüştürkmen, Gladt-Mitbegründer Koray Yılmaz-Günay, der hier seine Kindheit in einer Art Kreuzberger Niemandsland schildert, u. a., die das von ›uns‹ seinerzeit viel zu wenig beachtete Wachsen einer queermigrantischen Szene beschreiben – selbst schuld, dass wir es dafür anschließend mit ›Deutschland‹ zu tun bekamen!«
Salih Alexander Wolter, Rosige Zeiten, Heft 190, Herbst 2021
Leseprobe
Leseprobe
Inhalt
Geschlecht und Sexualität im Grenzbereich
Heinz-Jürgen Voß
Eröffnungen
Warten auf die erste U-Bahn
Manuela Kay
Raus aus dem Schrank und rein in die Straßen
Peter Hedenström
»Ich habe über die türkische Community die Genderreisen schon mitbekommen, als es in Deutschland noch gar kein Thema war.«
İpek İpekçioğlu im Gespräch
Bildstrecke: Aktivismus 1972 – 1973 – 1979
Kunst – Kultur – Politik
Dykes im Kopfsteinpflaster-Kreuzberg
Carolyn Gammon im Gespräch mit Katharina Oguntoye, Redaktion: Susann Kaiser
Frauenbewegt in Berlin
Gülşen Aktaş im Gespräch
Aus den Erinnerungen einer Süd-Neuköllner Tunte
Manfred Herzer-Wigglesworth
Meine schwul-bewegten Jahre
Wilfried Laule
»Es hat mehr als eines Mannes bedurft, um Shanghai Lily zu werden.«
Egmont Fassbinder im Gespräch
HIV und Aids in Westberlin
Dieter Telge
Ein Westberlin-Märchen
Koray Yılmaz-Günay
Geniale Geneal(l)ogie: meine Spoken-Word-Vorfahr*innen
Jayrôme C. Robinet
Geschlechterräume
Hungrig nach Wirklichkeit – meine hedonistischen 70er Jahre
Erinnerungen einer Transfrau
Nora Eckert
Die Mädels der Mauerstadt
Jayne County
»Es gibt doch nichts Göttlicheres, als Berlinerin zu sein.«
Gérôme Castell im Gespräch
»Ich habe gedacht: Rassismus ist vorbei. Homophobie ist vorbei. Klassismus ist vorbei. Das ist Berlin.«
Bilbo Calvez im Gespräch
Ein sexuelles Portrait?
Cihangir Gümüştürkmen
»Diese ganzen Gender-Sachen waren irgendwie aufgelöst.«
Danielle de Picciotto im Gespräch