Beschreibung
Der Blick auf die eigenstaatliche Entwicklung Ostmitteleuropas während der Frühen Neuzeit war über Jahrzehnte hinweg durch politische Antagonismen und historiographische Verzerrungen verstellt. Seit dem Ende des Ost-West-Konflikts treten immer deutlicher die Konturen einer Geschichtsregion hervor, die erstaunlich moderne Züge aufwies. Adel, Geistlichkeit und Städte wirkten hier ganz wesentlich mit bei der Gestaltung von Finanzen und Steuern, Rechtsprechung und Militärorganisation. Gegenkräfte zum Macht- und Befehlsstaat, der im westlichen Europa die Regel war, lassen sich in Polen-Litauen, den böhmischen Ländern und Ungarn-Kroatien auch in kultureller und religiöser Hinsicht beobachten. Der vorliegende Band vereint 22 während der letzten zwei Jahrzehnte entstandener Studien, die sich aus wechselnden Perspektiven mit der politischen Kultur und Gesellschaftsstruktur der Länder zwischen Ostsee und Adria auseinandersetzen: mit Föderationsmodellen im Osten des ständischen Europa, Freiheitsvorstellungen der gesellschaftlichen Eliten, kollektiven Identitäten und ideengeschichtlichen Austauschprozessen. Zeitgenössische Geschichtsbilder werden ebenso hinterfragt wie neuzeitliche Interpretamente, so dass der Band über die realgeschichtlichen Befunde hinaus auch einen Beitrag zur Aufarbeitung älterer Geschichtsbilder und Raumvorstellungen leistet.
Inhalt
V
Inhalt
Vorwort. VII
Politische Ordnung und politisches Denken
Unionsstrukturen und Föderationsmodelle im Osten des ständischen Europa. Anmerkungen zu vergleichenden Ansätzen über das frühneuzeitliche Ostmitteleuropa. 3
Libertas-Vorstellungen in der ständischen Gesellschaft Polens, Böhmens
und Ungarns. 20
Corona, corpus, constitutio, confoederatio. Verfassungsideen und
Politikmodelle im spätmittelalterlich-frühneuzeitlichen Böhmen. 33
Die Landesordnung in Schlesien im 16. und frühen 17. Jahrhundert.
Zum Verhältnis von Gesetzgebung und Staatsentwicklung im
Osten des ständischen Europa. 56
Durch „starke Konföderation wohl stabiliert und versichert“. Ständische
Defension und politisches Denken in der habsburgischen Ländergruppe
am Anfang des 17. Jahrhunderts. 68
Kollektive Freiheitsvorstellungen aus den Erfahrungen konfessioneller
Migration: das Beispiel Böhmen. 85
Veritas toti mundo declarata. Der publizistische Diskurs um Religionsfreiheit, Verfassungsordnung und Kirchenrecht in Ungarn im letzten Drittel des
17. Jahrhunderts. 102
Die Autorität der Vergangenheit. Geschichtsbilder, Erinnerung und Politik
beim höheren Klerus Ungarns im ausgehenden konfessionellen Zeitalter. 118
Strukturen und Strukturvergleiche
Der verhinderte Unionsstaat. Der böhmische Länderverband des Spätmit-
telalters und der Frühen Neuzeit aus der Sicht des Markgraftums
Oberlausitz. 145
VI
Calvinismus, kulturelle Prägungen und ständische Freiheitsbewegungen in
Böhmen und Ungarn (1570-1620). 168
Religionsfreiheit und Reichsbewusstsein. Deutungen des Augsburger Religionsfriedens im böhmisch-schlesischen Raum. 190
Status catholicus und Kirchenpolitik in Siebenbürgen. Entwicklungsphasen des römisch-katholischen Klerus zwischen Reformation und Josephinismus. 215
Geistlichkeit und Politik. Der ständisch organisierte Klerus in Böhmen und
Ungarn in der Frühen Neuzeit. 236
Außenpolitik, Konfession und kollektive Identitätsbildung: Kroatien und Innerösterreich im historischen Vergleich. 258
Religion und Politik in Schlesien. Konfessionspolitische Strukturen unter österreichischer und preußischer Herrschaft (1650-1800). 277
Gesellschaftliche Formierungs- und Austauschprozesse
„Piasti, Polonorum regum nepotes“. Tradition, Geschichtsbewusstsein und Selbstinszenierung der schlesischen Piasten in Spätmittelalter und
Früher Neuzeit. 305
Aufbruch und Krise. Die Stände der böhmischen Kronländer unter der
Herrschaft Rudolfs II. 330
Selbstbehauptung, Gruppenidentität und Konkurrenz. Die katholische Führungsschicht Mährens im konfessionellen Zeitalter. 353
Hungaria eliberata? Zum Zusammenstoß von altständischer Libertät und monarchischer Autorität in Ungarn an der Wende vom 17. zum
18. Jahrhundert. 369
Bischöfliche Traditionen des schlesischen Adels in der Frühen Neuzeit. 385
Damit „das Hungarländische zu Revolutionen und Unruhen geneigte Gebluet
mit dem Teutschen temperiret [.] werden möchte“. Deutsche Adelige im ungarischen Episkopat des 17. und 18. Jahrhunderts. 412
Vexatio dat intellectum. Klerus, Ständeverfassung und Staatskirchentum
in Ungarn zur Zeit Maria Theresias. 436
Anhang
Summary. 455
Nachweis der Erstdrucke. 460
Verzeichnis der Abbildungen. 463
Personenregister. 468
Ortsregister. 476
Inhalt