Beschreibung
Das Buch betrachtet Sachsen in historisch-vergleichender Perspektive. Von Übersee aus gesehen ist Sachsen zunächst nicht mehr als ein Punkt auf der Weltkarte. Doch zur Kraft des Regionalen in der Geschichte gehört es, daß von solchen Punkten Weltwirkung ausgehen kann, ja daß diese Punkte selbst wieder auf höchst komplexe Weise in 'Welt', in größere gesellschaftliche Einheiten, eingebunden sind. Die Beiträge greifen das Thema des politischen Bedeutungsverlustes Sachsens und der Aufwertung von Wirtschaft und Kultur als Wirkungsfelder sächsischer Selbstbehauptung auf. Sie untersuchen, wie sich hier landespatriotische, nationale und in der frühen Sozialdemokratie internationalistische und pazifistische Identitäten herausbildeten. Die Aufsätze verorten Sachsen in Deutschland, in der deutschen Geschichte und in der deutschen Historiographie. Sie zeigen, daß die Topographien des Lokalismus, des Regionalismus und des Nationalismus nicht nur politisch und geographisch, sondern auch sozial und kulturell geprägt waren.
Autorenportrait
Hartmut Zwahr: Vorwort • 7
James Retallack: Einleitung • 11
Simone Lässig: Staat und Juden in Sachsen und in Anhalt-Dessau • 33
Andreas Neemann: Regierung, Parlament und Öffentlichkeit in Sachsen •51
Christian Jansen: Die Paulskirchenlinke in Sachsen • 65
Karsten Rudolph: Die Sächsische Volkspartei • 83
Thomas Adam: Die Leipziger Arbeiterkulturbewegung • 97
James Retallack: Konservative und Antisemiten in Sachsen und Baden • 115
Holger Starke: Ein Historiengemälde von Friedrich Wilhelm Heine • 143
Karl Heinrich Pohl: Nationalliberalismus in Dresden und München • 171
Marline Otte: Dresdner Zirkus. Sarrasanis Welttheater • 189
Christoph Nonn: Sozialer Konflikt und politische Reform • 207
Celia Applegate: Gustav Freytag und Wilhelm Heinrich Riehl • 219
Helmut Walser Smith: Lokalgeschichte • 239
Thomas Kühne: Die Region als Konstrukt • 253
Thomas Mergel: Milieu und Region • 265
Zeittafel • 283
Literatur • 288
Autoren • 291
Rezension
Bei der regionalhistorischen Erschließung der 'Neuen Bundesländern' herrscht auch nach mehr als zehn Jahren Wiedervereinigung immer noch spürbarer Nachholbedarf. Dieses Forschungsdefizit zu verringern und dabei neue Perspektiven der Regionalgeschichte aufzuzeigen ist das Anliegen des Sammelbandes 'Sachsen in Deutschland', den der kanadische Historiker James Retallack herausgegeben hat. Als eine der am frühesten industrialisierten Regionen Mitteleuropas und als Kernland der deutschen Sozialdemokratie kommt Sachsen zudem eine über die Region selbst hinausweisende Bedeutung zu. Alles in allem bietet der Band 'Sachsen in Deutschland' eine lesenswerte und anregende Sammlung von Aufsätzen zur politischen Kultur in einer historiographisch lange vernachlässigten Region. Die hier präsentierten Forschungsergebnisse demonstrieren die methodische Fruchtbarkeit einer vergleichenden Regional- und Lokalgeschichte.
Michael Schaefer, in: Archiv für Sozialgeschichte Online, 26.7.2001
Im Sommer 1998 fand in Toronto eine Konferenz zur sächsischen Geschichte im 19. Jahrhundert statt. Behandelt wurden die politische und Kulturgeschichte sowie der Zugang zur Regionalgeschichte. Viele der Autoren aus Ost- und Westdeutschland, den USA und Kanada behandelten ihre sächsischen Themen mit übergreifenden Fragestellungen und einer Perspektive, die über Sachsen und Deutschland hinaus wies. Der nun vorliegende Tagungsband darf daher ein überregionales Interesse beanspruchen. Man liest das gut lektorierte Werk gern. Es ist eine interessante Fundgrube.
Ewald Frie, in: Westfälische Forschungen 52, 2002
Inhalt
Hartmut Zwahr: Vorwort • 7
James Retallack: Einleitung. Sachsen und Deutschland, Sachsen in Deutschland • 11
Emanzipation, Partizipation und der deutsche Obrigkeitsstaat
Simone Lässig: Emanzipation und kulturelle Verbürgerlichung. Staat und Juden in Sachsen und in Anhalt-Dessau • 33
Andreas Neemann: Regierung, Parlament und „gezähmte“ Öffentlichkeit in Sachsen 1849-1864 •51
Christian Jansen: Die Paulskirchenlinke in Sachsen nach der Niederlage der Revolution. Zwischen Preußenbegeisterung und föderalistischem Partikularismus • 65
Demokratische Bewegungen und ihre Gegner
Karsten Rudolph: Die Sächsische Volkspartei 1866-1869. Ein „flackerndes Irrlicht“ in der deutschen Geschichte? • 83
Thomas Adam: Wie proletarisch oder wie bürgerlich war das sozialdemokratische Milieu? Die Leipziger Arbeiterkulturbewegung • 97
James Retallack: Herrenmenschen und Demagogentum. Konservative und Antisemiten in Sachsen und Baden • 115
Sozialer Konflikt, Kultur und Krieg
Holger Starke: Der Empfang der sächsischen Truppen in Dresden am 11. Juli 1871. Ein Historiengemälde von FriedrichWilhelm Heine aus dem Jahr 1879 • 143
Karl Heinrich Pohl: Nationalliberalismus und Kommunalpolitik in Dresden und München vor 1914 • 171
Marline Otte: Dresdner Zirkus. Sarrasanis Welttheater imWandel der Zeit • 189
Christoph Nonn: Sozialer Konflikt und politische Reform in Sachsen, Preußen und Deutschland 1914-1918 • 207
Regionalgeschichte heute: Neue Perspektiven
Celia Applegate: Die mittelbare Nation. Gustav Freytag und Wilhelm Heinrich Riehl über Deutschland und die Deutschen • 219
Helmut Walser Smith: Lokalgeschichte. Überlegungen zu Möglichkeiten und Grenzen eines Genre • 239
Thomas Kühne: Die Region als Konstrukt. Regionalgeschichte als Kulturgeschichte • 253
Thomas Mergel: Milieu und Region. Überlegungen zur Ver-Ortung kollektiver Identitäten • 265
Danksagung • 281
Zeittafel • 283
Literatur • 288
Autorinnen und Autoren • 291